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Inhalt 12/03

Aylen wird Magierin
gepostet vom 21. bis 26.11.2003
   
Aylen

tille kehrte ein, als Aylen an einem weiteren Abend im Schatten des Übungsraumes stand und die Augen schloss. Sie hatte keine Rune, sie hatte keine Erfahrung, doch sie hatte einen großen Willen. Sie wollte endlich das schaffen, was ihr schon seit Tagen im Kopf herumspukte und keinen Ausgang gefunden hatte: die untote Blutfliege.
Dutzende Male hatte sie sich die Zeilen in dem alten Magiebuch durchgelesen, in denen die Beschwörungsformel dieses untoten Wesens geschrieben stand. Es waren alte Worte, unbekannte Worte einer anderen Sprache, die Aylen fremd war. Doch sie bewirkten das Unmögliche, die Herbeirufung eines Wesens aus einer anderen Welt. Wenn man sie denn richtig sprach.
Ihre Finger zitterten leicht, als sie zum ersten Wort ansetzte. Immer wieder hatte sie sich in der Nacht zuvor diese Zeilen durchgelesen, sie in ihrem Gedächtnis verankert, um sie heute wieder hervorzuholen. Sie mussten ein Teil von ihr werden, diese Worte der fremden Sprache. Sie musste sofort auf ihren Wortlaut kommen, wann immer sie sich in Gefahr befand. Vergaß sie auch nur eines von ihnen, war der Spruch verloren.
Ihre Lippen öffneten sich leicht. Zaghaft bewegte sie die Zunge und wusste nicht ob sie jetzt beginnen sollte oder nicht. Doch sie konnte nicht ewig so herumstehen, daher beschloss sie jetzt mit der Beschwörung zu beginnen. Einmal war immer das erste Mal.
Leise Worte kamen über ihre geöffneten Lippen, unverständlich für jeden Außenstehenden. Ein Gemurmel aus fremden Silben entstand und ihre eintönige Stimme wurde lauter, je näher sie seinem Ende kam. Doch plötzlich stockte sie, der Redefluss wurde unterbrochen und die Panik stieg in ihr auf. Wie ging es noch weiter? Wie waren die Worte, welche sie jetzt benötigte?
Da kamen sie wieder, genauso schnell wie sie ihr entfallen waren. Eilig sprach Aylen weiter und das Zittern ihrer Finger ließ wieder ein wenig nach. Gleich darauf verstummte sie wieder, am Ende der Formel angekommen. Ein Klappern verriet, dass ihre Worte Wirkung gezeigt hatten. Vorsichtig öffnete die junge Magierin die Augen, um das prachtvolle Wesen zu bestaunen, das sie hervorgebracht hatte.
Die Ähnlichkeiten mit einer Blutfliege waren wirklich erstaunlich, wenn man den krummen Rücken und die abstehenden Rippen mal außer Acht ließ. Auch der gebogene Schwanz und die langen Hasenohren sollte man ignorieren, wenn man die wahre Pracht einer unzweifelhaften Blutfliege erkennen wollte: Das Summen.
Aylen stieß einen Schrei aus. Ihr erster Versuch war gründlich daneben gegangen. Sie hätte doch besser vorher noch mal im Buch nachschlagen sollen, wie der genaue Wortlaut war. Sie musste sich irgendwo vertan haben.
Nur, wie bekam sie das misslungene Stück jetzt wieder weg, bevor es einer der anderen Magier sah? Die Blamage wäre unermesslich gewesen. Sie sah nur einen Ausweg. Kreischend zog sie ihre Klinge hervor und begann auf das untote Wesen einzuschlagen. Wütendes Surren erfüllte den Raum und der verkümmerte Knochenhaufen hüpfte bedrohlich auf und nieder. Schließlich kam sie herangeschwebt und begann mit ihrem knochigen Ringelschwänzchen nach Aylen zu stechen. Die Schwarzmagierin wehrte sich heftigst, hatte jedoch den Hieben dieses Missgebildes von einer Blutfliege nichts groß entgegenzusetzen. Schließlich beschloss sie spontan die Flucht.
Schreiend rannte sie aus dem Übungsraum und durchquerte die große Eingangshalle. Das Surren der beschworenen Kreatur hallte an den hohen Wänden vielfach wider. Wieso hatte ihr keiner gesagt, dass sich beschworene Kreaturen gegen einen richteten, wenn man sie angriff? Oder hatte sie diese Zeile der Vorsichtsmaßname einfach nur überlesen? Der Verdacht lag nahe.
Doch im Augenblick beschäftigten sie andere Gedanken. Das Entsetzen im Gesicht, rannte sie weiter durch die dunklen Gänge des Kastells, die missratene Blutfliege dicht auf den Fersen.

Arctus


eltsam. Arctus fühlte sich besser. Hatte er wirklich die Umklammerung der Grippe von sich gebracht oder war es nur das Heilmittel, dass ihm die Magierin gegeben hatte?
Verwundert sah der Junge an sich herab, betrachtete seine kleinen Zehen, die am Bettdeckenende herausschauten und sich etwas bewegten.
"Was denkt ihr?", fragte der Magus, "können wir wieder aufstehen?" Natürlich wackelten die Zehen vor Freude, denn sie hatten sich seit langer Zeit nicht mehr bewegt, nicht mehr die Last des Körpers auf sich gespürt. Doch konnten sie wirklich noch ihren Teil zur Balance beitragen? Arctus würde es merken. Sanft streifte er die Decke ab und setze sich, berührte nur mit äußerster Vorsicht den Boden, als wäre es kaltes Wasser in das er seine Füße tauchen würde.
"Nun denn, dann wollen wir mal." Behutsam ließ er mehr und mehr Gewicht auf seine Füße und siehe da, sie hielten. Wäre auch schlimm gewesen wenn nicht.

Nun mit dem Selbstbewusstsein eines Kindes am Anschlag, streifte sich Arctus seine Robe über und zog sich ein paar gefütterte Schuhe an, ja das Kastell ließ nichts an Wünschen offen. Sogleich stürmte er geradezu aus seinem Zimmer, ließ sich geschwind auf das Geländer Plumpsen, dass die Treppen hinunterführte und rutschte hinunter, um im Erdgeschoss schließlich noch etwas auf dem glatten Boden entlang zurutschen. Solche Stoffschuhe waren wirklich fantastisch.
Seinen polternden Magen hatte Arctus schon lange bemerkt, weshalb das Refektorium gar nicht weit entfernt lag. Voller Elan ließ er sich dort auf einen Stuhl plumpsen und bestellte sich erst einmal eine Tomatensuppe, man muss ja langsam anfangen.
Freudig umspielten die Hände des Jungen das Besteck. Er war wieder gesund und bereit für neue Taten.

Arctus


rctus hatte erst versucht sein Gesicht hinter seiner Hand zu verbergen, als er den Koloss von einem Magier ins Refektorium stampfen sah, doch das half nicht um sich vor seinen Blicken zu retten. Beliar meinte es heute nicht gut mit ihm, sprach ihn das Magiergesindel auch noch an.

"Schönen Abend. Waren wir wieder einmal in dem feinen Etablisse ment am Khorinischen Hafen? Wie viel hat es denn die Kasse des Kastells gekostet?", entgegnete Arctus frech, schlürfte gleich noch etwas lauter seine Tomatensuppe weiter.

Da wurde man wieder gesund, erfreute sich des Lebens und dann DAS. Aus finstren Augen sag er noch das Mädchen , nein eher die Frau an, die sich ebenfalls niedergelassen hatte, etwas unsicher. Sie schien das erste mal im Kastell zu sein.

"Die Dämonen verursachen immer so viel Schmerzen im Kopf. Nach einer Weile gewöhnt ihr euch dran.", warf er noch ein, um ihr etwas ‚Mut' zumachen.

Aylen


ylen hatte eine unruhige Nacht verbracht. Den halben Abend war sie durch das Kastell gerannt, verfolgt von einer mutierten Blutfliege, die nicht mehr von ihr ablassen wollte. Ihren Sport hatte sie so ohne weiteres für die nächsten Wochen abgearbeitet, an Ausdauer fehlte es ihr nun nicht mehr. Sie wusste nicht mehr, wie lange sie herumgeirrt war, doch irgendwann war das Summen verstummt und nach einem vorsichtigen Blick zurück war ihr klar geworden, dass die untote Fliege zu Staub zerfallen war.
Noch gezeichnet von der nächtlichen Aktion erwachte sie jetzt und stand auf. Es war bereits Abend, wie nicht anders zu erwarten hatte sie den Tag verschlafen und die Nacht lag vor ihr. Ein interessanter Tagesrhythmus, den sie sich angeeignet hatte, aber er passte so gut zum Kastell.
Ihre Finger waren ganz unruhig, als sie ihr Zimmer verließ. Immer noch dachte sie daran, wie sie gestern durch die dunklen Gänge geflüchtet war. Heute wollte ihr nicht dasselbe noch mal passieren, sie hatte sich auch extra nochmals die Stelle im Buch durchgelesen. Es war nur ein kleiner Fehler gewesen, ein falsches Wort, das jedoch solche Wirkung hervorgebracht hatte.
Gedankenversunken schlich sie durch die Kastellgänge, als sie auf jemanden stieß, der wohl dasselbe tat. Verwundert blickte sie auf und schaute direkt in die Augen ihres Magiemeisters. Ein Ruck ging durch ihren Körper.
"Hallo, es freut mich euch wieder zu sehen. Ich habe gehört eine Krankheit hat euch für einige Tage niedergestreckt? Ich hoffe es geht euch besser."
Sie lächelte ihren Meister an, etwas schuldbewusst, angesichts der Miesere am gestrigen Abend.
"Ich habe auch fleißig geübt.."

Arctus


"ott, lasst mich bloß ...", Arctus schaute auf, bevor er weiter sprach. "Ach du bist es."
Arctus war noch gereizt von der Konversation, die er gestern geführt hatte. Wieso machte ihn dieser ... wie hieß er noch? .. auch egal, dieser fette Magier halt, immer so wütend?
Schnell versuchte Arctus seine schlechten Gedanken wegzuwischen, um sich voll und ganz auf sein Schülerin zu konzentrieren.
"Ihr habt geübt?", sprach er mit erstaunen, "Habt ihr euch das alles aus den staubigen Büchern gekramt?"
Arctus war offensichtlich erstaunt über den Eifer den seine Schülerin an den Tag legte. War er auch so am Anfang gewesen? Ach nein, sein Eifer wurde immer unterdrückt.
"Wie auch immer. Zeigt mir doch, was ihr gelernt habt! Hier, nehmt meine Schattenflammenrune und schießt", Arctus stockte, sah sich fragend um, "schießt da einfach aus dem Fenster. Wäre doch toll, wenn ihr es treffen würdet."
Gespannt stellte sich der Junge neben Aylen...

Aylen


chon wieder überkam sie das seltsame Gefühl, von einem kleinen Jungen herumkommandiert zu werden. Doch er war ihr Meister und wusste einiges mehr als sie, das musste sie sich immer wieder vor Augen führen.
Also nickte sie und nahm die Rune in die Hand. Wenn jetzt nur nicht der Vorführeffekt einsetze, das würde schlimme Folgen haben.
Aylen nahm die Rune fester in die geschlossene Hand und begann, sich auf den Spruch zu konzentrieren. Es war nicht ganz einfach, besonders wenn einem jemand zuschaute.
Sie hatte sich ein Fenster ausgeguckt und konzentrierte sich darauf, ihre Schattenflamme zu erschaffen. In ihrer Handfläche sammelte sich die Wärme, bis sie selbst es fast unerträglich fand. Mit einem fast lautlosen Puff erschien der dunkle Energieball schließlich auf ihrer geöffneten Handfläche und tanzte dort unruhig auf und ab. Seine Energie war genau richtig, nicht zuviel und auch nicht zu wenig. Aylen war richtig stolz auf sich.
Sie hob den Kopf, um das Fenster anzuvisieren. Dann überlegte sie nicht mehr lange, sie setzte zum Wurf an ließ die Flamme frei. Zu spät bemerkte sie dass das Fenster geschlossen war und nachdem die Schattenflamme haarscharf an Arctus Nase vorbeigezischt war, knallte sie krachend in die Fensterscheibe, die unter dem Aufprall zerbarst. Feine Röte überzog ihr Gesicht. Arctus hatte das Fenster links davon gemeint.
"Entschuldigung", brachte sie aus tiefstem Herzen hervor.

Arctus


nter einem scheppernden Krachen zerbarste die Glasscherbe, schüttete ihre traurige Gestallt über den gesamten Boden. Man konnte fast glauben, dass es sich um Tränen handele, die Tränen einer Fensterscheibe.
"Prima!", lobte Arctus Aylen. "Ich sehe, dass deine Schattenflamme sogar Schaden anrichten kann. Und der war sogar richtig Laut."
Arctus musste unfreiwillig Grinsen. Was wäre ihm dafür beim Don wiederfahren? Wahrscheinlich hätte er sich wieder damit vergnügt ihn mittels eines Dämonen auf sein Zimmer zu schicken. Alter verstörter Mann. Vielleicht sollte man ihn nicht mehr auf die jungen Schüler loslassen. ‚Doch ... ich brauche ihn noch', warf sich Arctus selbst ein. Er war derjenige, der Zutritt zum Runenraum hatte, von ihm würde er die Runen für seine Schülerin besorgen müssen. Verflixte Welt.
"Ich bin mir ziemlich sicher, dass du dann auch den Lichtzauber beherrscht.", warf Arctus ein.
"Nun, ich habe die letzten Tage genügend Zeit gehabt um nachzudenken. Ich selber habe eine Rune, die mich ins Kastell teleportieren kann, doch fehlen mit die, die mich an andere Orte Teleportieren können. Vielleicht zum Kloster Innos?!", Arctus musste schon wieder schmunzeln.
"Das wäre doch eine Idee! Lasst uns zum Kloster reisen und so eine Rune holen. Ich glaube nicht, dass es einfach wird, doch mit anderen Kleidern und etwas Schauspielkunst dürfte es doch klappen. Was meinst du?"
  Aylen

ylen fiel ein felsgroßer Stein vom Herzen, als ihr Lehrmeister das kleine Malheur so gelassen aufnahm. Sie hatte wirklich Glück mit ihm, sie hatte sich einen Meister viel schlimmer vorgestellt. Aber sie bezweifelte nicht dass es solche hier auch gab.
"Zum Kloster? Ihr seid verrückt!", sie begann zu lachen, doch der Gedanke gefiel ihr sehr. Das letzte Mal, als sie im Kloster war, hatten sie die Schafe verfolgt. Vielleicht konnte sie es ihnen auf diese Weise zurückzahlen. Oh ja, sie hatte noch einige Rechnungen offen mit diesen Anbetern Innos. Ein Besuch kam ihr mehr als gelegen und er versprach jede Menge Spaß.
"Aber verrückt klingt sehr gut. Wann brechen wir auf? Die Nacht wird doch sicher der beste Zeitpunkt sein, da ist es dunkel und Beliar legt seine schützenden Hände um unsere Gesichter. Lasst uns sofort aufbrechen!"
Sie schaute hinab auf die Schattenflammenrune. Gehörte sie jetzt ihr? Was auch immer, sie würde sie im Kloster vielleicht brauchen können. Besser sie nahm sie gleich mit, falls Arctus sie nicht wiederhaben wollte.
"Wo bekommen wir andere Kleidung her? Ich glaube ich hab noch meine alte Rüstung von damals irgendwo. Müsste aber schon sehr verstaubt sein."

Arctus


"ine Rüstung? Nein, sie lässt dich als gefährlich da stehen. Innos mag keine starken Frauen, genauso wenig wie Beliar schwache mag. Wir müssen ein paar kümmerlichere Kleider finden. Ich habe noch eine alte blaue Robe. Wenn ich die etwas zerfetze wirkt das sicherlich gut. Am besten wir schauen mal in die Kleiderkammern. Sind die nicht im Keller?"

Arctus war voll von Übermut und stürmte sogleich los, Aylen hinterher. Mit schnellen Schritten erreichten die beiden die Treppe zu Erdgeschoss, eilten herunter und waren auch ein paar Augenblicke später im Keller des Kastells angekommen. Suchende Blicke folgten. Staubige, lange Zeit nicht benutzen, Türen säumten den spärlich beleuchteten Gang, in dem sie sich befanden. "ich glaube die Tür da ist es!", warf Arctus ein, streifte das Spinnennetz vom Türknauf und öffnete die hölzerne morsche Tür. Ein lautes knarschen und dann volle Dunkelheit. "Licht wäre jetzt ganz gut!", erwartungsvolle, doch nicht sehbare Blicke flogen zu Aylen...

Aylen


ylen bekam mehr und mehr das Gefühl, dass sie hier einer Art Prüfung unterzogen wurde. Auch wenn es unwahrscheinlich war, sicher wollte Arctus sie nur etwas fordern und ihr zeigen, wie sie ihre neuen magischen Kräfte im Alltag einsetzen konnte. Wenn man von Alltag sprechen konnte, schließlich verirrte sie sich nicht jeden Tag in den dunklen Klosterkeller.
Sie hustete kurz, als ihr eine Wolke Staub entgegenkam. Dann suchte sie in ihrer Tasche und hoffte, dass sie die richtige Rune erwischt hatte. Innig konzentrierte sich, bis zu ihrer Erleichterung ein heller Lichtschein über ihren Köpfen erschien. Es hatte funktioniert!
Ein weites Lächeln zierte ihr Gesicht und sie warf es zu Arctus hinüber, der sie lobend ansah.
"Schauen wir uns mal um."

Im Schein des magischen Lichts kämpften sie sich durch die dicken Spinnweben. Hier und dort saß noch ein prachtvolles Exemplar und verkroch sich schnell in einer Ritze angesichts des hellen Lichtes. Aylen nahm sich vor unbedingt noch einmal hierher zu kommen um ein paar Spinnen einzusammeln. Ein Paradies für diese Wesen.
Sie hatten eine Reihe verstaubter Regale passiert, als Arctus vor einer alten Truhe niederkniete. Aylen kam zu ihm und beugte sich hinüber.
"Ist sie abgeschlossen?"

Arctus


"ch weis nicht. Vielleicht klemmt sie auch nur!", verzweifelt versuchte er irgendwo einen Griff zu finden, mit dem er den schweren Deckel hochheben konnte, doch er fand nur ein altes verrostetes Schloss. "Hm." Arctus stand auf und trat einmal kräftig dagegen, doch das Ding verhaarte fest an seiner Stelle. "So ein verdammter Mist. Ich schieß sie auf!"
Schnell griff der Magus in seinen Robenärmel und suchte vergebens nach der passenden Rune. Aylen hatte sie.
"Ach du hast sie ja noch. Schieß sie mal auf das Schloss, pass aber auf, dass das Licht anbleibt!" Die Befehle waren klar, nun sollten die Taten folgen.

Aylen


wei auf einmal, einfacher konnte es ihr der Magier auch nicht machen. Aylen griff in ihre Tasche, um die zweite Rune hervorzuholen. Jetzt nur nichts verwechseln.
Sie nahm die Rune mit der Schattenflamme fest in die Hand und konzentrierte sich wieder. Oben hatte es schon geklappt, daher sollte es jetzt auch kein Problem sein. Jedoch war der Luftwiderstand hier unten im Keller etwas anders und so sehr sie sich auch mühte, die Flamme blieb recht klein. Sie hoffte es reichte.
Das Schloss im Auge, zielte sie direkt darauf und feuerte ab. Der erste Pfeil brachte nicht viel, lediglich das Holz wurde etwas dunkler. Sie versuchte es ein weiteres Mal, immer wieder, bis die Truhe schließlich mit einem Klack nachgab.
"Sie ist offen!"
Aylen steckte die Rune wieder weg und eilte zu der alten Truhe. Gemeinsam öffneten sie sie und schauten hinein. Sie war voller alter Kleider und Stofffetzen.
"Na da findet sich doch bestimmt etwas für uns. Schaut mal, das hier würde euch stehen." Sie zog ein blaues Kleid hervor und hielt es Arctus an. Sie konnte sich ein Lachen nicht verkneifen bei diesem Anblick.

Arctus


"ein nicht das Blaue!", Arctus starrte fasziniert an Aylen vorbei in die Truhe. Da lag etwas anderes, etwas in rot. Sanft berührte er den feinen Stoff, umklammerte ihn mit aller Vorsicht und zog ihn in die Höhe. Rot war er und zugeschnitten wie ein feiner Herrenrock, hatte an den Ärmeln weise plüschige Fransen, genau wie am Halsbereich. Zwei Knöpfe hielten diesen Anzug zu und da war noch eine weiße Strumpfhose. Ja es war geradezu perfekt.
Ernst sah er Aylen an, "Umdrehen oder Licht ausmachen!". Aylen sah verdutzt zurück, tat wie ihr befohlen.
Eine Weile raschelte es laut, Stoff bewegte sich, die Schwarzmagierrobe fiel zu Boden und etwas anderes ersetzte sie. "Du kannst das Licht wieder anmachen."
Wieso grinsten Aylen den bloß so komisch? Gefiel ihr der Männerock den nicht? Ein seidiges Tuch wurde an beide Ärmel gespannt und über den Rücken geworfen, so dass ihm immer ein Hauch des Nichts folgte. Dann kam noch der Dreieckshut dazu, der natürlich auch rot war, sowie ein paar rote Stoffschuhe, mit roten Schnürsenkeln, die Aussahen, als würden sie ein Geschenk umwickeln. Alles im allen wirkte Arctus sehr aristokratisch. Sein schwarzes Haar, mit dem leichten Rotton, passte hervorragend zum Outfit und die blase Haut gab dem ganzen noch einen feinen Touch.
Er fühlte sich wunderbar, nicht zuletzt wegen der weißen Strumpfhose, die ihn warm hielt.
"Nun, zieh du doch das blaue Kleid an!", grinste er. Es war wirklich nicht grade ansehnlicht.

Aylen


ylen verzog das Gesicht und schüttelte bestimmt den Kopf. Dann musste sie wieder lachen, kaschierte es jedoch unter einem Husten.
"Schick", entglitt es ihren Lippen und dann war sie schon wieder am Wühlen. Sie brauchte wesentlich länger als Arctus in der tiefen Truhe, dann jedoch zog sie endlich etwas Passendes hervor: Ein langes Kleid aus feiner Seide, das dunkelgrün im Licht schimmerte. Am Saum hatte es zwar schon ein paar Mottenbisse, doch das sah man nur bei genauerem Hinsehen.
"Das nehm ich", sagte sie und sogleich erlosch das Licht.
Arctus hörte ebenfalls nur ein Rascheln und zwei Fluchlaute, als sich Aylen in der Dunkelheit die Zehen an der Truhe stieß. Dann aber wurde es wieder hell und die junge Schwarzmagierin war ganz in grüne Seide gehüllt.
Sie drehte sich einmal im Kreis herum und hakte sich dann bei Arctus unter.
"Gehen wir, mein Herr."

Arctus


"ehr wohl. Lasset uns aufbrechen zu neuen Taten.", blödelte Arctus weiter, "den Innosgeweihten werden wir bei einer Tasse Tee mal ein paar Worte aus der Kehle locken. Doch wo zu Himmel ist die Kutsche? Sie verlangen doch nicht, dass ich laufen muss."
Arctus hielt sich den Bauch. Nicht nur, dass Aylen wie eine Sumpfnixe aussah, nein, das ganze gehabe war einfach zu komisch. Hoffentlich würde er sich bei den Innosler das Lachen verkneifen können.
"Nun denn, auf zu neuen Taten."
Es dauerte nicht lange, da war das erhabende Paar mit graziösen Schritten durch die Eingangshalle stolziert und schließlich hinter dem Tor verschwunden. Die Skelette dachten wohl, dass es sich nur um zwei Geister handele...

Arctus


itternd kamen die beiden ausgehungerten Wanderer an den Mauern des Klosters an. Was sich erst als nebelartiger Schemen in der Ferne gezeigt hatte, entpuppte sich zu einem imposanten Bauwerk, hoch oben auf einem Berg, zu dem nur eine steinerne Brücke führte.
"Und jetzt Ruhe bewahren", sprach Arctus noch einmal zu seiner Schülerin, konnte sich aber selbst kaum halten vor Aufregung. Schnell noch zupfte er sich ein paar Falten aus seinem roten Rock und rückte sich den Dreieckshut zurecht, dann gingen beide auf den Innosbruder zu, der vor der Mauer aushaarte. Schnell stupste Arctus Aylen in die Seite. Es würde nicht gut aussehen, wenn so ein Junge wie er das Reden übernehmen würde...

Aylen


um ersten Mal bemerkte Aylen, wie imposant doch der große Klosterbau war. Stolz reckte er sich von einem Fels hinauf in den Himmel, von wo aus dieser elendig gute Innos über seine Schützlinge wachte. Er hatte den Standort seines Heiligtums wirklich gut ausgewählt, wenn man die Brücke passierte durfte man nicht unter Höhenangst leiden. Der Wasserfall zu ihrer Linken verlieh dem ganzen eine kühle Frische, jetzt im Nebel jedoch war er nicht mehr zu erkennen.
Sie hatten den kleinen Vorplatz erreicht, auf dem wie erwartet ein Novize stand und sie mit einem freundlichen Nicken begrüßte. Aylen fühlte sich unwohl in ihrer Haut. Konnten sie ihn nicht einfach wegblasen und reingehen? Wozu noch das ganze Gerede, das war doch mehr als unnötig. Doch Arctus musste schon einen Grund haben, dass er diese Vorgehensweise gewählt hatte.
Also zupfte sich Aylen ihr dunkelgrünes Samtkleid zurecht und versuchte ein ungeschicktes Lächeln zutage zu bringen. Und schon fühlte sie sich vorgeschoben, direkt vor die jetzt fragenden Augen des Novizen.

"Entschuldigt die späte Störung, werter Bruder. Wir sind zwei Wanderer, die des Weges kamen und Zuflucht vor der Nacht und dem schlechten Wetter suchen."
So unschuldig hatte sie schon lange nicht mehr dreingeschaut. Ein kleiner Schauer lief ihr über den Rücken, wenn sie nur an ihre Aufmachung dachte.
Der Novize schaute sie an und musterte dann ihren Gefährten mit seinem gläubigen Blick. Sie schienen für gut befunden worden zu sein.
"Tretet ein. Habt ihr Waffen bei euch? Der heilige Innos bittet euch sie hier abzugeben."
Aylen erschrak leicht. Sie sollte ihr schönes Schwert abgeben? Ein kurzer Blick zu Arctus, doch dieser nickte.
"Besser für die Tarnung", raunte er ihr zu und Aylen gab schweren Herzens ihren Einhänder ab. Die Runen hatten sie natürlich beide tief in ihren Taschen vergraben.
"Dankeschön. Ihr könnt sie beim Verlassen wiederhaben."
Aylen schaute ihrem schönen Schwert nach, das der Novize an sich nahm. Gut zu wissen wo sie es später wieder finden konnte.
Dann drehte sie sich zu Arctus um. "Gehen wir rein!"

(Fortsetzung auf Seite 7)