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Inachos und Sazabi
gepostet am 26.10.2003
   

Sazabi

"nachos! Wo steckst du?"
Wohin hatte sich der Nichtsnutz jetzt schon wieder verkrochen? War er wieder unter sein Bett gekrabbelt, um das Paarungsverhalten der dort beheimateten Riesenspinnen zu erforschen? Oder hatte er lediglich mittels Selbstversuchen getestet, ob die merkwürdigen, giftig aussehenden Pilze, die vor dem Kastell wuchsen, auch hielten, was ihr Aussehen versprach?
Einerlei, jedenfalls war der Kerl, wie immer, nicht aufzufinden. Manchmal fragte sich der Magier verzweifelt, ob er wohl alle Intelligenz der Familie abbekommen und hatte und für seinen kleinen Bruder nichts mehr übrig geblieben war. Wie sonst ließ es sich erklären, dass Inachos es nie zu etwas brachte, während er selbst schon .
Nungut, erreicht hatte Sazabi auch noch nichts, aber es war nur noch eine Frage der Zeit, bis seine Versuchsreihen mit Fleischwanzenhirn zum Erfolg führten.
Es war eben extrem schwierig, mit der Gehirnmasse von Tierchen zu experimentieren, die nur wenige Milligramm davon besaßen. Doch nicht mehr lange, dann würde er den bahnbrechenden Erfolg erzielen. Es fehlte nur noch eine winzige Zutat, dann konnten sie endlich damit beginnen die Welt zu erobern.
Oder hatten sie etwas anderes vorgehabt?
Auf Sazabis Stirn erschienen nachdenkliche Falten. Was war es eigentlich gewesen, was Inachos und ihn dazu bewogen hatte, Beliar zu dienen? Er musste es wohl irgendwann zwischen einem erfolglosen Experiment und dem darauf folgenden frustrierten Besäufnis vergessen haben.
Auch sonst hatte sich einiges verändert. Der Magier blickte an sich herab. Mehrere Monate verbissenen Arbeitens und wenig Schlaf hatten ihre Spuren auf dem Körper des einstmals gutaussehenden jungen Mannes hinterlassen:
Die Muskeln waren erschlafft, das Gewand schien zu groß für den dürren Körper, der darinnen steckte. Dunkle Augenringe erweckten den Eindruck, dass die Augen tief in den Höhlen lagen. Von Haaren und Augenbrauen zeugten nur noch Reste. Vielleicht hätte er letzte Woche doch nicht ausprobieren sollen was passierte, wenn man eine Schattenflamme auf ein merkwürdiges, gelblich aussehendes Gemisch, schleuderte.
Es musste etwas passieren. So hatte er sich das Leben eines Dämonenbeschwörers nicht vorgestellt. Er musste endlich vorankommen mit seiner Suche nach .der Sache die er vergessen hatte.
Vielleicht war Beliar ihm nicht mehr wohlgesonnen? War die Ursache seiner Misserfolge schlicht und einfach, dass er seinen Herrn und Meister nicht genügend verehrt hatte?

  Das musste es sein! Sazabi durchflutete eine Welle von Tatendrang, wie er sie schon lange nicht mehr gespürt hatte. Hastig nahm er seinen, eleganten, edlen schwarzen Hut aus dem Schrank und legte sei-nen besten (und einzigen) Umhang an. Er wusste schon, wie er Beliar von seine Hingabe überzeugen konnte. Eine Pilgerreise musste her! Das war immer gut. Wohin, konnte man sich dann unterwegs über-legen. Der Magier eilte in die Bibliothek, nahm einige Blätter Papier und Schreibzeug von einem Schreib-pult (schließlich musste jemand seine Taten aufschreiben, damit er berühmt wurde) und war schon auf halbem Weg zum Tor, als ihm einfiel, dass er etwas vergessen hatte.
"Inachos! Beliars Zorn komme über dich, wenn du dich nicht auf der Stelle hierher bewegst!"

Inachos

ls Sazabi das erste mal nach Inachos rief ignorierte dieser es, denn er wusste, würde es wichtig sein riefe sein Bruder schon noch mal.
Während er also weiter in seinem Buch umherblätterte, scheinbar völlig planlos von einer Seite auf die andere wälzte und hin und wieder eine kleine Notiz niederschrieb, wartete er geradezu darauf das sein Name ein 2. mal durch das halbe Kastell dröhnen würde.
Und Tatsächlich. Es dauerte zwar ein wenig doch sein Bruder rief ihn ein weiteres mal.
Innerlich freudig erregt, äußerlich bemüht möglichst gelassen und desinteressiert zu wirken, schlug er das Buch zu und begab sich schnellen Schrittes in die Eingangshalle.
Desto näher er eben dieser kam, desto langsamer wurden seine Schritte - sein werter Bruder sollte schließlich nicht meinen er würde sich langweilen oder gar auf seines Bruders Gesellschaft freuen.
'Da bist du ja endlich' sagte Sazabi geradezu vorwurfsvoll als Inachos geradezu um die Ecke gekrochen kam, so sehr hatte er sein Tempo inzwischen vermindert. Mit dem ersten Blick erkannte Inachos das sein Bruder entweder reisen wollte oder einen gar schrecklichen Sinn dafür hatte, sich geeignete Plätze für seine Schreiberein zu suchen.
Wo schließlich konnte man sich besser auf das schreiben Konzentrieren als in den wirren Gängen und Räumen des Kastells.
Auf den zweiten Blick entdeckte Inachos das sein werter Bruder offensichtlich über kein Haar mehr ver-fügte - Sofort war klar das mal wieder eines seiner Experimente entgleist war. Dies sah Inachos als Ein-ladung :
'Gedenkst du mit deinem Hut die fehlende Haarpracht auszugleichen ?'
Ob Sazabi es sich schlichtweg abgewöhnt hatte Inachos zuzuhören oder ihm derzeit keine passende Antwort einfiel blieb offen. 'Wir werden pilgern' stellte Sazabi geradezu feierlich fest. Etwas verwirrt war Inachos ja schon .
Andererseits hatte er auch das Bedürfnis endlich mal wieder aus dem Kastell herauszukommen.

Der Weg des Uher
gepostet vom 03. bis 23.11.2003
   
Uher

er Glaubenshüter saß vor dem inzwischen nur noch spärlich brennenden Feuer der letzten Nacht und versuchte, eine Fleischwanze bzw. ihr Inneres über der Flamme zu braten. So saß der Krieger also da und wartete darauf, dass sich das weiche, rötliche Fleisch färbte. Uher hatte es sich auf einem besonders schön weichen Stück Moos, dass sich auf dem Boden ausgebreitet hatte, bequem gemacht. Sein Zweihänder lag irgendwo in der Nähe herum, bis jetzt hatte er ihn noch nicht gebrauchen können und gleiches galt auch für den Bogen... leider. Der Glau-benshüter konnte es gar nicht mehr erwarten, zurück ins Lager zu kommen um wieder Sumpfkrautvorräte zu vernichten.

Die Fleischwanze war nun endlich richtig gar und der Glaubenshüter ließ sich sein Festmahl schmecken. Leider war es aber nach drei Bissen verschlungen, und gut geschmeckt hatte es auch nicht. Das Knurren von Uhers Magen übertönte anscheinend das des Wolfs, der sich gerade näherte. Dementsprechend war der Glaubenshüter überrascht, als das Tier zähnefletschend vor ihm stand. "Ähh...hähä...na du...auch hier?", verzweifelt redete der Krieger auf den Wolf ein, während er suchend hinter sich griff, um seinen Zweihänder nach vorne zu wuchten. Die ganze Zeit über hielt er den Blickkontakt mit dem Wesen. "Siehst hungrig aus... hast wohl nicht soviel zu Fressen im Moment...pennen ja alle...die blöden Tiere...", die rechte Hand des Kriegers hatte den Griff der Klinge erreicht.

Warum hielten Wölfe eigentlich keinen Winterschlaf?! Jeder Igel hielt Winterschlaf, aber nein, ein nicht zu unterschätzendes Raubtier rannte das ganze Jahr über im Wald herum. Na ja, der Schläfer würde sich schon seinen Teil dabei gedacht haben. A propos Schläfer... jetzt konnte nur noch ein Wunder direkt vom Allmächtigen helfen.

Uher


mmer noch kauerte der Glaubenshüter auf dem moosigen Boden. Und immer noch bewegte sich ein Wolf auf ihn zu, der allem Anschein nach hungrig war. Das Maul des Tiers war vorne mit zwei großen, gelben und ziemlich spitzen Zähnen ausgestattet, die sich bestimmt schon auf ihr nächstes Opfer freuten. Die rechte Hand des Kriegers hatte den Zweihänder nun fest ergrif-fen, aber nur sehr langsam konnte er die Waffe zu sich ziehen, da das Gewicht des Stahls enorm war.

Dem Wolf waren die Versuche des Kriegers, sich seiner Waffe zu bemächtigen, nicht entgangen. Schnell rannte das Tier hinter Uher und biss in die Hand des Bogenschütze. Ein gellender Schrei verließ die Kehle des Glaubenshüter und hallte durch den Wald. Mit einem von Schmerz verzerrten Gesicht starrte der Sumpfler auf seine Hand. Blut floss aus der Bisswunde und sickerte in den Waldboden. Der Wolf hatte wieder von dem Mann abgelassen und zog sich wenige Meter zurück. Er wollte sein heutiges Mahl wohl genießen. Das Tier wanderte um den Krieger herum, um sich wieder ein wenig zu nähern und dann wieder Abstand zu gewinnen. Wahrscheinlich dachte er darüber nach, wie er am Besten die mächtige Rüstung, die sein Opfer schützte, knacken konnte.

Der Bogenschütze richtete sich wieder etwas auf und versuchte, die Schwere der Bisswunde abzuschätzen, aber gleichzeitig auch, den Wolf nicht aus den Augen zu lassen. Was waren jetzt noch seine Möglichkeiten? Den Zweihänder konnte er jetzt nicht mehr ergreifen, nicht mit der verletzten Hand. Seine einzig verbliebene Option war die Flucht, aber mit diesem Tier als Gegner im Rücken würde der Sumpfler es kaum weit schaffen. Aber es war nun mal seine einzige Chance, also würde er sie nutzen, selbst wenn die Erfolgsaussicht sehr gering war. Ungelenk hievte sich der Krieger hoch und stapfte, erst langsam, dann immer schneller, los. Sofort konnte er das Geräusch der vier Pfoten des Wolfs hören, die immer wieder auf den Waldboden auftrafen. Sie signalisierten, dass das Tier die Verfolgung aufgenommen hatte.

Als Uher seinen Kopf soweit neigte, dass er seinen Häscher aus den Augenwinkel erblicken konnte, sah er, wie das Tier vom Boden absprang um dem Krieger in den Rücken zu fallen. Parallel spürte der Bogenschütze aber auch, dass der Boden unter ihm nachgab. Ein Jäger hatte hier wohl ein Loch ausgehoben und getarnt, denn mit dem Sumpfler zusammen fielen Äste, Blätter und Erde herunter. Während der Glaubenshüter auf dem Grund der Falle aufknallte, sah er über sich den verdutzten Wolf, der rechtzeitig abgesprungen war. Das Tier kam auf der anderen Seite der Falle auf, zumindest vermutete Uher dies, denn sehen konnte er das, was sich außerhalb der Grube befand, nicht mehr.

Warum wurde ihm denn auf einmal so verdammt schwarz vor Augen?

Uher


angsam und nur einen kleinen Spalt weit öffnete Uher seine Augen. Ein verschwommenes Bild entstand in seinem Kopf. Gleichzeitig kehrten auch andere Sinne zurück: Er vernahm das leise Prasseln einer entzündeten Fackel und roch den etwas modrigen Gestank einer Höhle.
"Wo bin ich?" fragte der Glaubenshüter, während er sich mit der Hand über den schmerzenden Schädel fuhr und dabei eine nicht zu unterschätzende Beule entdeckte. Inzwischen hatte sich der Blick des Kriegers verschärft. Er war tatsächlich in einer Höhle. Truhen, Regale mit allerlei Gütern, Schlafplätze und eben Fackeln an den Wanden bildeten die Inneneinrichtung des Raums. Und Uher saß in einem Käfig, der an der Höhlendecke befestigt war. Das erklärte ja einiges. Seine letzte Erinnerung war nämlich, dass er in ein relativ tiefes, getarntes Loch gefallen war. Es hatte ihn wohl jemand aus der Grube in diese Höhle gebracht... und die Beule am Kopf in Verbindung mit den hölzernen Gitterstäben ließ darauf schließen, das dieser jemand nicht gerade freundlich gesinnt war.

"Oho... unser Gast ist erwacht.", unterbrach eine tiefe, maskuline Stimme die Überlegungen des Bogenschützen. Uher erwartete einen Mann zu sehen als er aufblickte, doch statt dessen stand dort eine Frau. Sie trug eine Lederrüstung, die schon so manchen Kampf mitgemacht haben musste. Auch einen Einhänder besaß sie, der allerdings im Gegensatz zur Rüstung recht respekteinflößend war. "Beim allmächtigen Schläfer... wer seid ihr?", wollte der Glaubenshüter wissen. "Meine Untergegebenen nennen mich Vanja, Götzenanbeter." Uher überhörte das letzte Wort des Satzes, er hatte mit der Zeit gelernt, nicht auf solche Provozierungen einzugehen, denn die Fehlgeleiteten würden die Strafe für ihren Spott über den Schläfer schon noch früh genug erhalten.
  "Nagur, Kervo, kommt her!" Zwei Männer, die offensichtlich ein großer Altersunterschied trennte, traten in den Raum ein. "Nagur, du übernimmst die Nachtwache. Kervo wird dich später ablösen. Ich werde inzwischen gucken, ob unser Gast schon vermisst wird.", befahl Vanja, die nun zusammen mit Kervo diesen Höhlenteil verließ. Der Glaubenshüter lehnte sich etwas zurück und schloss die Augen wieder. Er musste versuchen, mehr über die Räuberbande zu erfahren. Aber dafür brauchte er Kraft, und diese fand er nur im Schlaf. Bald darauf war Uher selig eingeschlafen.

Der Bogenschütze erwachte wieder in einem völlig dunklen Raum, wobei er keine Anzeichen für einen Raum finden konnte, da weder Decke, Wände noch Boden zu erkennen waren. "Haaaallo?!", rief der Krieger, da er dachte, dass sich einer der drei Räuber in der Nähe aufhielt und einfach nur die Fackeln erloschen waren. "Uher, Hüter des Glaubens der Bruderschaft des Schläfers.", erklang eine völlig fremde Stimme. "Der bin ich...", sagte ein völlig überraschter Uher. Von wem kamen diese Worte? "Nun, wer glaubst du bin ich?" "Eine Erscheinung in meinem Traum?" "Das, was du erlebst ist kein Traum... es ist eine Vision." Der Glaubenshüter verstummte. Eine Vision konnte nur vom Schläfer kommen, seinem Gott. "Ich bin der Schläfer. Dein Erschaffer. Hör mir genau zu, Uher. Ich brauche deine Dienste..."

Uher


ie Anweisungen des Schläfers waren eindeutig. Tod und Verderben sollte nach Khorinis gebracht werden. Sobald der Glaubenshüter einen Weg aus seinem Gefängnis heraus gefunden hatte, würde er die Befehle ausführen. Noch immer bewachte ihn Nagur, der Jüngere der Untergebenen Vanjas'. Der Räuber beobachtete den Sumpfler schon seit geraumer Zeit, ohne den Blick abzuwenden. "Ist was?", fragte Uher in Richtung seines Bewachers. Diese Frage sollte den Anfang zu seinem Fluchtplan bilden, doch für diesen brauchte er das schwächste Glied in den Reihen der Bande. Und dies schien ihm der Jüngste unter ihnen zu sein. "Nee... ist bloß nicht oft, dass wir einen von den Sektenspinnern gefangen nehmen.", antwortete Nagur zögerlich.
"Sektenspinner. Sagt mir, was wisst ihr über den Schläfer? Kennt ihr seine Lehren?", befragte Uher den Räuber.
"Nein. Ich weiß nur, dass euer Kult aus der ehemaligen Strafgefangenenkolonie kommt."
"Kult? Nun, wir haben ebenso wie die Magier Innos', Beliar' und Adanos' Magie, die uns der Schläfer verliehen hat. Wie sollte unsere Bruderschaft Magie wirken können, wenn wir einen Götzen anbeten würden?"
"Nun ja..."
"Eben. Wenn ihr möchtet, erzähle ich euch mehr über den allmächtigen Schläfer."
"Einverstanden..."

Und damit war der erste Schritt zur erfolgreichen Flucht getan. Als einige Zeit später, am frühen Morgen, Kervo die Wachablösung vornahm, hatte Uher, angespornt und unterstützt von der Vision in seinem Schlaf, Nagur für die Lehren des Schläfers begeistern können. Der Glaubenshüter wusste nun, wer aus der Bande die Schlüsselposition in seinem Plan einnahm. Der Bogenschütze verbrachte die Wartezeit auf Nagurs Schicht damit, Gebete an den Schläfer zu senden und um eine weitere Vision zu bitten. Gegen Abend wechselten die Wachen wieder, so dass der Krieger des Schläfers seine Befreiung voran treiben konnte. "Na, Nagur, bereit für eure nächste Lektion über den Schläfer? Dann lasst uns fortfahren." Die heutigen Informationen über den Schläfer handelten von der absoluten Ergebenheit der Diener gegenüber ihrem Gott. Das Glück des Glaubenshüter war, dass sein junger Zuhörer offen war für jedes Wort, dass vom Glauben an den Schläfer verkündet wurde. Egal welche Erfahrungen Nagur dazu veranlassten, Uher nutzte dies überaus. "Wie ich zu meinen und zu des Schläfers Freuden feststelle, seid ihr ein sehr gelehriger Schüler. Nun brauche ich eure Hilfe, um den Willen meines Gottes auszuführen." Der Krieger legte eine kurze Pause ein und fuhr dann mit dem entscheidenden Teil seiner Bitte fort. "Öffnet das Tor zu meinem Gefängnis, Nagur." Dieser erhob sich langsam und näherte sich dem Käfig. Jetzt würde sich zeigen, ob die Lehren etwas bewirkt hätten. "Wenn ich den Käfig aufschließen werdet ihr mich mit ins Sumpflager nehmen? Und meine Freunde verschonen?"
"Aber natürlich, junger Freund. Der Schläfer ist gnädig."
Das schien den Räuber zu überzeugen. Er nestelte einen Schlüssel aus einem kleinen Lederbeutel, um diesen dann ins Schloss von Uhers hölzernen Gefängnis zu stecken. Der Schlüssel drehte sich im Schloss und schon war der Glaubenshüterbefreit. "Ahh... süße Freiheit. Nun wird der Wille des Schläfers geschehen." Blitzschnell zog der Sumpfler den Stahl aus der Schwertscheide seines Gegenüber und rammte den Einhänder in Nagurs Magen. "Oh ja, der Schläfer ist gnädig. Aber nur zu seinen wahren Dienern." Uher riss das Schwert aus dem leblosen Körper seines Opfers und ließ ihn zu Boden sinken.

Nun fahre fort... bring Elend über das Land... bring Furcht und Schrecken über Khorinis...

Das würde er. Vanja und Kervo schienen nicht mehr in der Höhle zu sein, sie gingen wohl kleineren Diebereien nach. Doch das würde sie nicht schützen, bald würde der Zorn des Schläfers sie einholen. In einer der Truhen fand Uher eine schwarze Kutte. Sie sollte ihn von nun an schützen und den Bewohnern von Khorinis zeigen, dass der Schläfer seine Diener entsendet hatte, um Angst und Tod über jeden, der ihnen begegnete, zu bringen.
Milizengeschichten
gepostet vom 03. bis 23.11.2003
  Sengert

engert hatte für Gemetzel nichts übrig, doch sein Stolz machte ihm einen Strich durch die Rechnung. "Niemand... nennt mich eine feige Sau!"

Der etwas zerfledderte Kaufmann war froh, daß er vor wenigen Tagen die feste Lederrüstung von Jabasch abgeholt hatte. Lediglich an Bewaffnung mangelte es ihm. So kniete der junge Mann seit geraumer Zeit etwas abseits der Kaserne und mühte sich, mit den bloßen Fingern zwei Pflastersteine aus der Erde zu pulen. Eine schmutzige Arbeit, doch schließlich von Erfolg gekrönt.

Sengert sprang auf, in jeder Hand einen der recht großen Steine und rannte zurück in Richtung Marktplatz. Der Kampfeslärm, ein einziges großes Klirren und Schreien, erfüllte die von Rauchschwaden durchzogene Luft. Am Rand des Kampfgeschehens zog der Kaufmann den Kopf zwischen die Schultern, zielte hastig auf etwas, was er für einen Gegner hielt und schleuderte den ersten und sogleich den zweiten Stein in dessen Richtung. Dann rannte er sofort wieder aus der Gefahrenzone zurück, um eilig die nächsten Pflastersteine zu besorgen.

Errol


as für ein Tag. Ein anständiger Streiter Innos hätte diesen Tag als einen schwarzen in der Geschichte von Khorinis angesehen, doch Errol war beigeistert von der Macht des Feuers und der Zerstörung. Wooof - und weg waren die Markstände. Er war davon fasziniert, wie die Banditen in die Stadt eingedrungen waren und den ganzen kleinbürgerlichen Mief abgefackelt und die braven und rechtschaffenen Wachen niedergemetzelt hatten. Die Anhänger Lees waren zwar wieder zurückgeschlagen worden, aber es gefiel Errol, dass endlich mal was passierte in dieser öden Stadt. Sogar die Arbeit im Lazarett hatte ihm gefallen: Solange die Verwundeten noch bewusstlos waren, hatte Errol ganz unauffällig ihre Taschen ausgeräumt. Die meisten Verwundeten waren zwar nur Milizsoldaten, Waffenknechte oder noch niederere Wesen(Errol nahm sich natürlich davon aus), doch es waren viele gewesen und er hatte endlich einmal wieder etwas klauen können.
Da fiel ihm die Sache mit dem hilflosen Milizsoldaten ein. Er hatte zwar immer noch keine Rüstung für ihn gefunden, doch der würde wohl auch nicht mehr in der Seitengasse anzutreffen sein. Trotzdem war es schade um die Belohnung.
Plötzlich weckte ein gemeiner Seitenhieb Errol aus seiner Tagträumerei. Eine dämlich grinsende Fratze faselte ihn an. Reflexartig wollte Errols Faust in das abscheuliche Gesicht fliegen, doch im letzten Moment fiel dem Rekruten auf, dass es ein Milizsoldat war, und er konnte den Drang zum Schlagen unterdrücken. Was faselte der da? Du weißt, weshalb ich hier bin? Was wollte dieses grinsende Muttersöhnchen? Wie? Rüstung? Wie ein Blitz traf Errol die Erkenntnis, dass der Grinsemann vor ihm der Soldat aus der Hintergasse war und sich nun rächen wollte...
Rasend schnell reagierte der Rekrut, stand auf, versuchte mit einem Rückwerts-Salto der unangenehmen Situation vorerst zu entweichen - und scheiterte kläglich: Er stolperte über den verletzten Milizsoldaten unter ihm, stürzte, und donnerte mit seinem Hinterkopf gegen einen Hocker. Auf einmal wurde es dem kleinen Mann schwarz vor den Augen und seine Gedanken entschlüpften in die unendliche Sinnlosigkeit.

Sengert


iese verfluchte Nacht. Durch die Korridore der Kaserne tapste ein gutaussehender Schatten. Ein Schatten, der optisch schon bessere Zeiten erlebt haben mochte, aber immerhin ein Schatten, der sich zu den Rekruten der Miliz von Khorinis zählen durfte. "Warum nur", quälte sich Sengert, während er ziellos umherstreifte, "kann ich nicht schlafen?"

Schlaflosigkeit war ein schlechter Ratgeber, wenn es um das erkunden einer nur in Teilen vertrauten Kaserne ging. Doch in diesem Falle schien sie einmal etwas Positives zu bewirken. Ein Licht unter einer Tür, argwöhnisch und doch leise geöffnet, brachte Sengert einem Menschen näher, den zu treffen er beinahe nicht mehr geglaubt hatte: "Hauptmann Longboot?!"

Longbow


ong schreckte hoch. Wer wagte es da ihn aus seinen Gedanken zu reißen. Genervt blickte er der Person ins Gesicht. Einziges Problem, die Person stand mitten in der Dunkelheit, also konnte er das Gesicht gar nicht erkennen. Nur die Umrisse seines Körpers ließen den Hauptmann einen Rekruten einschätzen. Alle anderen Personen, die Zugang zu seinem Büro hatten, trugen eine bessere Rüstung.
Doch was wollte zu so später Stunde noch ein kleiner Rekrut von ihm? Waren die inzwischen so dreist und störten einen Offizier, der von einer anstrengenden Schlacht wieder kam?
"Was willst du? Und sprich rasch!"
  Sengert

"err Hauptmann, ich störe Euch nur aus Versehen. Seht mich an, wie ich daherkomme: Zerlumpt und zerzaust. Ihr gabt mir Euren Segen, mich hier aufzuhalten, zu den angesehenen Streitern von Khorinis zu gehören. Doch mehr gab es nicht. Ich besorgte mir diese schwere Lederrüstung vom Herren Jabasch, begnügte mich damit, ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft zu werden. Mein Ansinnen ist noch immer, die Oberstadt zu erreichen, um Meinesgleichen zu finden. Eines ist mir allerdings gelungen: Als kürzlich Banditen die Stadt heimsuchen wollten, tötete ich. So bitte ich Euch, könnt Ihr nicht irgendetwas für mich tun, meinem Ziel näher zu kommen?"

Longbow


er Hauptmann musste plötzlich grinsen. Eigentlich passte das in keinster Weise zu seinem momentanen Gefühlsstand, aber als er Sengert sah und sprechen hörte, konnte er sich nicht mehr zurückhalten. Der Mann war einfach humorvoll und genau der Richtige, um ihn ein wenig abzulenken.
"Also, du hast Banditen getötet. Letzte Woche beim Angriff nehme ich an. Aber sag mir, wie willst du Banditen getötet haben, ohne ein Schwer benutzen zu können?"

Sengert


"ielleicht ist Euch das große Loch im Pflaster vor der Kaserne aufgefallen. Es fehlen exakt 14 Steine. Ich suchte sie bereits, denn ich war es, der sie mit seiner Hände Arbeit dort entfernte, und..." Sengert räusperte sich mit der Verlegenheit eines Anfängers der Kriegskunst, "...ich habe sie den Banditen vor ihre räudigen Köpfe geworfen. Drei habe ich sicher getroffen, einer davon stand niemals mehr auf."

Dass er einem Gardisten die Rüstung zerbeult hatte, verschwieg Sengert gekonnt. Das interessierte hier niemanden. Es ging um wichtigere Dinge. Immerhin war es ein Hauptmann, dem er hier gegenüberstand. Und solche hohen Herren pflegten sich nur mit Fakten von Belang zu Beschäftigen.

Longbow

"it Steinen also! Welch innovative wie auch feige Art. Du bist ein Soldat im Dienste der Miliz. Wir kämpfen mit Waffen, und werfen nicht mit Steinen, wie Weiber."
Sengert schluckte einmal laut.
"Ich erkenne deine Absicht. Du bist auf eine Beförderung aus?"
"Nein, Herr Hauptmann, gewiss nicht."
"Was willst du dann?"
"Nur ins obere Viertel!"
"Das geht nur ab den Rang eines Milizsoldaten, den du noch lange nicht erreicht hast. Vorher darfst du dich Waffenknecht nennen, aber ein Waffenknecht kann weitaus mehr als du jetzt. Sowieso heißt Rekrut, dass man im Umgang mit dem Schwert ausgebildet wird, was bei dir wohl nicht der Fall ist."
"Dem ist leider so. Aber ich versichere, als Waffenschlepper werde ich voll und ganz meine Pflicht tun, auch ohne Schwert."
Plötzlich überkam Long wieder der Hustenreiz. Er bis in das Blatt vom Barbier. Doch wirkte es nicht schnell.
"Alles okay mit ihnen?"
Long winkte ab. Er musste den Rekruten loswerden und sich schnell ausruhen. Hustend sprach er:
"Na gut, ich glaube dir. Du hast soeben einem Hauptmann ein Versprechen abgegeben. Das zu brechen wird dir teuer zu stehen kommen. Das ist dir doch hoffentlich klar?"
"Jawohl, Sir!"
"Gut, dann befördere ich dich hiermit zum Waffenknechten. Deine Aufgabe ist es nun, für die Versorgung der Soldaten zu sorgen, in dem du Karren mit Proviant und Waffen schiebst, in der Kaserne aufräumst und Gehorsam vor den Höherrangigen zeigst!"
"Jawohl, Hauptmann! Danke sehr!"
"Und wiedersehen. ‚Nen schönen Abend noch!"

Sengert


engert bewegte sich umsichtig durch die Kaserne. Ordnung und Gehorsamkeit, das war es, wozu er sich gegenüber Longboot und der gesamten Garde, für die er stand, verpflichtet hatte. Es gab für einen Mann von Ehre und Anstand wahrlich schlechtere Ziele. So setzte der Waffenknecht seinen Weg fort und hielt dabei ein Auge darauf, ob nicht hier oder dort Klamotten umherragten, die dort nicht hingehörten und das akkurate Bild der anständigen trübten. Ein Eimer wurde geradegerückt, die Falten einer Flagge mit der bloßen Hand gerichtet und einiges weitere geschah in diesem Sinne.

Aber irgendetwas juckte. Sengert fiel es wie Schuppen von den Augen. Wenn er so an sich herunterblickte, war er selber, von der stattlichen Lederrüstung mal abgesehen, das einzige, was hier wirklich schäbig aussah. Es war höchste Zeit, gegen den Geruch wochenlanger Wasservermeidung anzugehen. Und irgendwie musste er diesen vermaledeiten Bart loswerden.