Home Abonnement Diskussion Impressum
Inhalt 11/03

   
(Fortsetzung von Seite 9)

Don-Esteban


"h, hier treffe ich dich also!" Es klang, als sei es etwas schlechtes, als ob Arctus bei etwas Verbotenem ertappt worden wäre.
Dabei tat er genau das, was ihm Don-Esteban, der nun in der Tür stand, aufgetragen hatte: Er übte.
"Du tust ja tatsächlich das, was ich dir auftrage", staunte dann auch der Magier, als er sah, was hier vorgefallen war. "Aber warum ist deine Robe so verkohlt? Für so schlecht hab ich dich nicht gehalten." Er sog hörbar die Luft durch die Nasenlöcher ein.
"Was ist das? Hauch mich mal an, junger Mann!" Und ohne Widerspruch zuzulassen, griff er sich seinen Schüler an der angekokelten Robe und zog ihn zu sich hoch, um seinen Atem zu riechen. "Bei Beliars Flammenatem! Du bist betrunken! Kein Wunder, dass du dich selbst angezündet hast bei deinen Versuchen mit der Schattenflamme. Viel eher ist es ein Wunder, dass du dich nicht ernsthaft dabei verletzt hast."
Er ließ seinen Zögling achtlos wieder los, der unsanft nach unten sackte und unsicher auf dem Boden aufkam. "Dich kann man wohl keine Minute alleine lassen. Anscheinend muss man dich selbst noch beim Studium beaufsichtigen. Beliar möge mir dereinst verzeihen, dass ich seine Magie an einen unwürdigen Nichtsnutz wie dich weitergegeben habe. Du kannst ja doch nichts damit anfangen außer den Unfug, den du jetzt schon ständig veranstaltest, auf eine bislang ungeahnte Stufe zu heben. Und ich bin dir dabei auch noch behilflich." Der Magier hatte sich in Fahrt geredet.
"Nenn mir nur einen guten Grund, weshalb ich deine Ausbildung nicht abbrechen soll. Warum soll ich die Gaben Beliars weiterhin an dich verschwenden? Sag es mir."

Arctus

rctus schüttelte den Schleier vor seinen Augen weg. Unendlich lange sann er in der Vergangenheit, in seiner kleiner Reise und dem Gespräch, dem er zu Teil geworden war.
Arctus fasste sich und begann nun langsam zu sprechen, "heißt es etwa, wenn man bei dir Lehrling ist, dass man in Zucht und Ordnung, ohne Versuchung leben soll? Wenn es so ist, glaube ich, bin ich im Flaschen Kloster. Ich wollte zu den Schwarzmagiern!"
Der Junge sog scharf die Luft ein. Hoffentlich war das nicht zu viel des Guten gewesen. Es war auf jeden Fall kein Grund, warum ihn der Don weiter lehren solle. Arctus wusste einen sehr triftigen Grund, der Grund, der ihn wohl zu dem allem antrieb. Er setzte an zum Sprechen, öffnete bereits den Mund, hielt jedoch inne. Etwas hinderte ihn. Er hatte mit niemand und wirklich niemandem darüber geredet.
Sollte er gerade dem, der ihn in letzter Zeit striezte, sein Geheimnis anvertrauen. Würde er es überhaupt glauben? Er hatte gerochen, dass Arctus Alkohol getrunken hatte. Er wusste, dass er vielleicht nicht ganz bei Sinnen war. Arctus war in einer Zwickmühle, wusste nicht, was er tun sollte. Er ließ sich gegen die Wand fallen, rutschte an ihr herunter und zog die Knie fest an seinen Körper, ließ den Blick ins Leere streifen. "Kennst du die Kore?"
Der Don reagierte erst nicht. Er musste gar nicht reagieren. Arctus hatte begonnen zu erzählen, stoppen könnte er jetzt auf keinen Fall mehr. "Sie hat mich hinuntergebracht und dort alleine gelassen, in der anderen Welt. Seiner Welt!" Arctus räusperte sich. Bilder der Vergangenheit huschten vor seinem Auge auf und ab. "Ich habe dort seltsame Dinge gesehen. Und auch mit ihm gesprochen." Er ging davon aus, dass der Don wusste, wen er mit er meinte. "Er sagte mir, dass ich die Magie erlernen solle. Er selbst. Wenn das nichts heißen soll!" Arctus blickte nun wieder auf. Vollkommen klar schien sein Blick zu sein, der sich geradewegs auf des Don's Gesicht richtete.

Don-Esteban

er Don hatte zugehört, zuerst ungläubig, dann ärgerlich.
"Was soll das Gefasel? Niemals redet Er mit einem von uns. Nicht mit dir, nicht mit mir und nicht mit irgendeinem anderen. Warum sollte Er?" Und leiser fuhr er fort, "Möglich, dass du dort warst, dass jemand mit dir gesprochen hat, dass du das Gefühl bekommen hast, einen Auftrag zu erhalten. Doch es war nicht Er."
Er machte eine Pause. Sein Blick glitt in die Ferne, so als ob gar keine Wand da wäre und man bis in die Unendlichkeit schauen konnte. "Ja, viele von uns wünschen sich, dass sie erhört werden, dass ihnen gesagt wird, ob ihr Tun richtig und gottgefällig ist, ob sie Seine Aufmerksamkeit erregen und Ihn erfreuen."
Redete er noch mit Arctus, oder redete er von sich selbst, zu sich selbst?
"Wie oft wird er angefleht, wie oft wird er um Hilfe gebeten, um Erleuchtung, um Erklärung. Wir alle sind nur verzweifelte, blinde Wanderer, die umhertorkeln und sich an allem Festhalten, was sie finden, voller Zweifel, ob sie das, was sie in den Händen halten, für etwas ungewisses wieder aufgeben sollen."
Der Hohepriester lehnte an einer der rußbeschmierten Wände. "Wie oft, wie oft hätte ich gewünscht, ein Zeichen käme, eine Erklärung, irgendetwas." Er dachte an all die Jahre, die Zeit in der Barriere, die Erkenntnis, als Schwarzmagier die Erfüllung zu finden, die ständigen Zweifel am gewählten Weg, das Zaudern, das Abwägen, all die Unwägbarkeiten. Er dachte an die vielen Gefahren, denen er bislang ausgesetzt gewesen war. Dienten sie nicht alle dazu, ihm seinen Weg aufzuzeigen?
Und jetzt eröffnete ihm dieser kleine, nervende Bursche, ein halbes Kind noch, dass ihm angeblich Beliar höchstpersönlich erzählt hatte, was er mit seinem Leben bitteschön anzustellen hätte? Es war ... ernüchternd. Wie ein Keulenschlag, eine plötzliche Erkenntnis die einen in tiefer Verzweiflung zurückließ.
Er atmete tief durch, fasste sich äußerlich. Dann sah er Arctus unverwandt an. "Weißt du eigentlich, was du da sagst? Viele Menschen suchen ein Leben lang nach einem Sinn. Und zwar vergeblich." Er schüttelte mit dem Kopf. "Du hast das, was viele niemals erhalten. Du hast etwas, woran du glauben, an dem du festhalten kannst, ohne das es ständig in Frage gestellt wird. Du hast das, wofür andere Jahre ihres Lebens hingeben würden. Warum bereitet es dir trotzdem noch so viel Mühe, diesen dir vorgegebenen Weg zu folgen?" Und leise murmelnd sprach er zu sich selber "Oh Beliar, warum bürdest du mir diesen Tunichtgut auf. Warum er?"
Laut sagte er: "Deine Ausbildung wird wie geplant stattfinden. Doch nicht heute. Du lernst morgen weiter. Und glaub ja nicht, dass ich dir soetwas wie heute noch einmal durchgehen lasse."

Arctus

"erdammt noch mal ich habe geübt! Ich habe geschuftet und diese verfluchte Rune zum Kochen gerbacht! Was willst du denn noch? Was bei Beliar?",
Arctus stand mittlerweile wieder auf den Beinen, sah in die wechselnde Miene des Dons und verstand ihn so ganz und gar nicht. Der junge, wenn es nach dem Don ginge, Möchtegern-Magier ging zu einer der spitzen Zacken, die leicht blau leuchtete.
"Siehst du, ich habe geübt. Mir ist halt nur einer daneben gegangen. Ich bin doch nicht perfekt." Arctus Herz schlug schneller. Er hatte immer noch zu viel Respekt vor diesem Erwachsenen, als dass das alles ohne eine Spur von Adrenalin an ihm vorbei ging. Arctus Trunkenheit war hinfort. Normalerweise verschwand so was durch einen tiefen festen Schlaf, bei ihm hingegen durch Streit. Streit mit diesem Meister, der seine Vergangenheit auf ihn schob.
"Außerdem ist alles wahr wovon ich rede. Wenn du mir nicht glauben willst, toll." Der junge Mann lehnte sich mit der Schulter an eine der Wände, sah entschlossen zu Boden und eine kleine Ewigkeit herrschte ein ungemütliches Schweigen zwischen den Beiden. Arctus war wieder ein Argument eingefallen, unterbrach die Stille mit einem grimmigen Murmeln, "ich bin noch ein Mensch; tue Sachen die mir Spaß machen!" Das Schweigen setzte sich fort. Arctus wurde nervös.
Ihm gefiel die Situation, die gerade herrschte ganz und gar nicht. Lieber sollte er brüllen oder irgendetwas machen, aber nicht schweigen, nichts machen. Er schnaufte laut, bückte sich um seine Rune der Schattenflamme aufzuheben und schritt dann geschwind an Don-Esteban vorbei.
Ein grimmiges "man sieht sich", rief er noch, dann war er verschwunden.

Arctus

nders als so viele Magier, stand Arctus außerhalb des Kastells, in der Nähe des großen Sees beim schwarzen Troll. Natürlich nicht direkt neben ihm. Nein, eher unten, bei den Lurkern und Stechfliegen. Nicht die kleinen, sondern die großen, die, die Arctus überhaupt nicht leiden konnte, weil sie stechen konnten und zumal so groß waren.
Surrend zogen die Viecher ihre Bahnen, immer hin und her, weiß Belia,r was sie damit bezwecken mögen. Arctus wünschte sich, sie würden einmal still halten. Sie störten seine Konzentration und gaben somit auch keine guten Ziele.
Schon zum dritten mal begann er die nervenaufreibende Prozedur der Beschwörung der Schattenflamme von vorn, nur weil so ein fliegendes Ungetüm aus seiner Reichweite schwirrte. Er müsste die Beschwörung während des Gehens oder Rennens beherrschen. Das wäre mal ein ordentlicher Fortschritt. "Nun gut", sprach er, setzte ein weiteres mal an. Es konnte ihn nur voran bringen. Die Magie begann sich in seinem Inneren zu Formen, schwamm durch seine Hand in die Schattenflammenrune, die den ganzen Spuk auf der anderen Handfläche manifestierte und wachsen ließ. Arctus betrachtete sein Ziel, folgte jeder einzelnen Bewegung genauestens um den nächstmöglichen Knick im Flug herauszufinden.
"Da", schrie er, während er sein Geschoss fliegen ließ, auf die fliegende Fliege mit dem Stachel, die dem Ganzen mit gleich zwei Hacken auswich und sich etwas erzürnt zu dem kleinen Jungen drehte.
Arctus schluckte. Das Surren der Flügel kam näher, auch ein leichtes Fauchen.
Der Magier nahm die Beine in die Hand und lief hinfort den Weg zum Kastell hinauf, stolperte jedoch über eine Wurzel. Der Staub des Bodens wirbelte auf, als sein schmächtiger Körper auf den Grund fiel, jedoch mit Glück, beinahe wäre er auf einem Stein gelandet.
Stein? Arctus grinste. Seine Rechte packte die Waffe und noch ehe die Fliege zustechen konnte schleuderte er ihr gerade diesen Stein entgegen. Natürlich verfehlte er, setzte jedoch mit Plan B nach. In Windeseile beschwor er eine weitere Schattenflamme, und traf tatsächlich einen Flügel der großen Fliege.
Arctus atmete auf, wischte sich den Schweiß von der Stirn, ehe er sich aufrappelte. Lachend trat er an den verwundeten Feind, sah von oben auf ihn herab.
"Jetzt haben sich die Seiten gewendet! Doch ich will dich nicht töten!" die Blutfliege zu töten währe wohl das beste gewesen. Wie soll sie in der Wildnis mit nur einem Flügel und Brandwunden überleben? "Ich werde mit der nach olirieschen Art verfahren." Arctus hatte die Kunst des Sezierens lange nicht mehr praktiziert. Er sollte sein einstiges Hobby mal wieder aufnehmen ... obwohl.
Da war ja noch diese Furie von einem Lehrmeister. Der hat bestimmt etwas gegen Privatleben und Freizeitaktivitäten. Freizeit, das Wort kannte der grauhaarige Alte bestimmt nicht mal. Arctus warf die Idee hinfort. Vielleicht hatte olirie trotzdem Verwendung für das Getier. Arctus sah bereits Licht brennen in seinem Labor. Der Meister praktizierte wohl grade wieder diese Kunst der Wissenschaft mit Tieren und anderen Lebewesen. Vielleicht freut er sich ja über das Präsent?
Arctus hob die Schultern. Und wenn nicht, hätte er sicherlich noch Platz in einem von seinen tausend Gefäßen, die über das ganze Labor verteilt waren. Behutsam nährte er sich einem Seitentisch. Er sah, dass der Meister grade beschäftigt war, wollte keine Aufmerksamkeit auf sich richten. So vorsichtig und leise wie möglich legte er das noch halb lebende Getier auf den Tisch und verschwand dann auch ganz schnell wieder aus dem Labor.
Irgendetwas hatte gequiekt. Irgendwie hatte diese Blutfliege eine Erinnerung in ihm geweckt. Eine Erinnerung an ein Buch, eher dessen Inhaltsverzeichnisse. Im war, als wäre sie darin enthalten gewesen. Der Intuition nachgehend, hatte er sich gleich in die Bibliothek begeben und auf dem Fensterbrett nach seinem Buch geschaut und fürwahr, das dritte Kapitel hatte wirklich etwas mit Blutfliegen zu tun. Geschwind leckte er sich den Daumen an und blätterte zur dreihundert und dreizehnten Seite um dort in großen fetten Lettern die Überschrift "Manifestierung einer Blutfliege aus einer anderen Ebene" zu lesen.
Arctus lächelte. "Endlich mal was mit beschwören", sprach er laut vor sich her und stürzte sich geradezu auf diesen Teil des Buches.

Arctus


ie langen Ausschweifungen des Autors machten Arctus Augenlieder schwerer und schwerer.
Nur mit Mühe und Not konnte er dem Buchstabenverlauf folgen und ab und zu merkte er sich sogar ein paar Passagen des langwierigen Textes. Glücklicherweise befanden sich noch einige Andere in der Bibliothek, die durch ihre Geräusche den Jungen vor dem Einschlafen retteten.
Mit einem Krach landete die Lektüre in einer Ecke. Arctus hatte genug, die Nase voll von dem Ganzen "... und deshalb empfehle ich, so wie es auch schon meine Frau getan hat und mein Großvater und Großgroßvater, nehme einen Schluck Wasser, bevor du dich dem Zauber zuwendest."
Er versuchte sich den schläfrigen Schleier aus dem Kopf zu schütteln und verließ dann die Bibliothek augenblicklich. Er hatte den ganzen Mist ja auch noch aus eigenen Stücken gelesen, nicht zu fassen. Arctus trat gegen eine Wand.
Verschwendete Zeit für ihn, in der er hätte ein paar Schattenflammen um sich schmeißen können oder ein paar Bier heben können. Arctus lachte plötzlich aus heiterem Himmel laut auf, bei dem Gedanken. Mit einem frechen Grinsen im Gesicht kniff er der Steinstatue noch einmal in die Nase und verließ dann im Hopserlauf das Kastell der Schwarzmagier. Innosler ärgern stand auf dem Tagesplan .

Don-Esteban


och ehe der eben durch die Eingangshalle laufende Hohepriester etwas sagen konnte, war das Tor wieder zugeschlagen. "Was sucht dieser Faulpelz denn außerhalb des Kastells?" Mit zusammengezogenen Augenbrauen eilte Don-Esteban hinterher, ließ sich das Tor öffnen, als er den Gang durcheilt hatte und trat ins Freie. Wohin hatte sich sein Schüler gewandt?

Arctus


urch das Geräuschwirrwarr der Welt krachte plötzlich etwas, was nicht so klang wie die anderen Geräusche.
Verwundert drehte sich Arctus um; es schien hinter ihm gekracht zu haben; und tatsächlich. Das Tor des Kastells war ein weiteres Mal zugefallen und vor ihm stand nun, imposant gegen den Wind gerichtet, eine Gestalt, vollkommen gehüllt in den dunklen Stoff einer Robe.
Ohne jegliche Zweifel erkannte Arctus, dass es sich um seinen Magiemeister Don-Esteban handelte. Die Hand an die Brust legend, um den sausenden Puls zur Ruhe zu zwingen, schritt er wieder den Berg hinauf. Ob er wohl diesmal die Erwartungen seines Meisters erfüllen konnte? Arctus spürte, wie er innerlich mit jedem Schritt, den er auf den Don zu tat, verkrampfte, in der Angst wieder einmal den Zorn des Priesters auf sich zu ziehen. Schnell noch wischte er sich eine Strähne aus dem Gesicht, blieb dann kurz vor dem Don stehen. Arctus' Unterlippe bebte etwas. Der sausende Wind schien sich geradezu in seinen Nacken zu beißen und noch ehe er ein Wort sagte, stülpte er den Kragen seiner Robe nach oben.
"Hallo", sprach er kurz und bündig, so wie es auch früher seine Art gewesen war. Nach dem der Don ihn ebenfalls mit einem kleinen Nicken begrüßt hatte, drehte sich Arctus kurz herum und zeigte in die Ferne. "Ich wollte etwas draußen Üben, unter verschiedenen Wetterbedingungen und so weiter."
Kurz stockte er, drehte sich wieder zum Don und fuhr fort, "hab auch schon mit dem Lesen vom dritten Zauberspruch angefangen." Arctus Betonung blieb bei Null .

Don-Esteban


"m Ausreden bist du nie verlegen?"
Don-Esteban sah seinen Schüler kopfschüttelnd an.
"Vielleicht ist es ja wirklich eine gute Idee. Man könnte hier und da einmal... einige Sprüche ausprobieren.
Komm."
Und gemeinsam verließen sie die Bergspitze, auf der Das Kastell, breit hingeklotzt, wie eine zu schwere Last, die ein Riese hier für immer abgesetzt hatte, lag und wanderten gemeinsam den Pfad hinunter, der an den Fuß des Berges führte.
  "Wir werden uns an die Wege halten. Zu dieser Tageszeit ist es abseits der Wege zu gefährlich für einen Anfänger." (Und außerdem ist es viel zu unbequem, durch das weglose Unterholz zu klettern.)
"Angesichts der Dunkelheit wäre es hilfreich, wenn du uns ein wenig Licht verschaffst. Möglichst gleichmäßig und lange."
Und das war auch schon der erste Auftrag des Lehrmeisters an seinen Schüler.

Arctus

rctus grinste. Vor seinen Augen spielte sich bereits ein Bildband ab, wie er mit den Fingern schnipste und die Sonne aufging. Leider etwas realitätsfern, doch mit einem guten Verhältnis zu Beliar vielleicht machbar.
Wie dem auch sei ... einmal am Ärmel geschüttelt und schon kamen zwei Runen heraus.
Die Überflüssige wegsteckend, sammelte Arctus bereits innerlich die Kraft zum Wirken des Zaubers, tastete schon jetzt nach den feinen Gravuren in der Rune, die seine magische Energie bündeln sollten. Die ersten Funken sammelten sich in seiner Hand, schwirrten noch ohne Zusammenhalt umher, bis schließlich größere Funken folgten. Langsam begannen sie sich zu drehen, formten einen Kreis, der sich ebenfalls dreht und somit zur Kugel wurde. Behutsam dirigierte der Schüler das magische Gefilde etwas vor sich, mit der einen Hand immer noch die Rune berührend.
"Besser?", stöhnte Arctus. Ihm fiel es sichtlich schwer sich auf die Magie zu konzentrieren, während er andere Dinge tat.
Mittlerweile war es stockdunkel. Wie ein einsamer Stern am Himmel zeigte die Lichtkugel geradezu den Beiden den Weg und es hatte den Anschein, dass der Boden unter ihnen sich bewegen würde, als dass sie sich aus eigener Kraft ihrem noch unbekannten Ziel näherten.
Plötzlich begann es zur Arctus' Linken zu zischen und durch den Schreck verlor er den Faden zur Lichtkugel. Langsam verstreuten sich die Lichtfetzen in alle Richtungen und erloschen schließlich.
"Und nun?", flüsterte Arctus nur. Eine leichte Gänsehaut krabbelte seinen Körper entlang, fühlte sich an, als würden tausende von kleinen Spinnen seinem Körper entlangkrabbeln ...

Don-Esteban

"anz einfach. Du fängst wieder von vorne an. Was willst du auch sonst im Dunkeln tun?"
Das war die erste Bewährungsprobe für Arctus. Der Hohepriester hoffte, dass er nicht schon beim Lichtzauber versagte.
"Kein Lehrling kann den Lichtzauber über lange Zeit halten, doch eine gewisse Zeit geht das schon. Es ist vor allem eine Frage der Konzentration, wenn der Zauber erst gewirkt ist, um ihn dann auch zu halten. Also nur zu. Oder willst du, wenn du in der Nacht von etwas großem, schleimigen Angefallen wirst, nicht mal wissen, was es war, nur weil du kein Licht dabei hattest?"
Im Buschwerk abseits des Weges raschelte es furchterregend. Nein, eigentlich raschelte es einfach nur. Womöglich eine Maus oder ein verirrter Vogel. Vielleicht aber auch ein Snapper...

Arctus

'u fängst wieder von vorne an', wiederholte Arctus die Worte innerlich mit leicht übertriebenem Akzent, ließ seine Lippen ungewöhnlich betont die Worte formen. Zum Glück war es dunkel.
Etwas nach links tretend spürte der Junge plötzlich etwas Weiches unter seinen Füssen, dann ein kleines Autsch neben sich. "Was ist?", flüsterte Arctus unschuldig, wusste ganz genau, dass er auf des Dons Fuß getreten war. Zum Glück war es dunkel, 'und er hat es verdient, der olle Besserwisser!', kramte er sich noch in seinem Kopf zusammen.
Nach ein paar Augenblicken hatte Arctus die beängstigenden Geräusche in eine Ecke seines Bewusstseins verdrängt und machte sich wieder daran die Kugel zum leuchten zu bringen. Wieder spielte sich die gleiche Prozedur von vorhin ab und nach wenigen Augenblicken brachte die Lichtkugel mehr Schatten als Licht in die Szenerie.
Vorsichtig tastete Arctus sich mit den Füßen in Richtung des Geräusches, trat fast auf eine Art Wurm, der sich hin und her bewegte. Zum Glück war es hell. Doch irgendetwas stimmte nicht mit dem Wurm. Arctus machte mit einer kleinen Handbewegung dem Don zu verstehen, dass da etwas lauerte, dass diesen Wurm wohl festhielt, vielleicht als Köder benutzte. Arctus kleine Finger griffen nach dem Lebewesen und versuchten daran zu ziehen, doch es ging nicht und wieder kam dieses Fauchen. Erschrocken zog Arctus seine Hand zurück, als der Wurm im Gebüsch verschwand und seinen Platz mit ein paar roten Augen tauschte, die sich langsam auf das Magierduo zubewegten. Aus dem Gebüsch schälte sich ein mit braunem Fell überzogener Körper, etwa Kniehoch, fauchte und fletschte seinen spitzen Zähne. Mit einem Male wurde Arctus klar, dass es sich um diese ekelerregenden Riesenratten handelte und noch halb im Schrecken, halb in Panik, schüttelte er seinen Ärmel. Seine zweite Rune rutschte aus der Robe und im gleichen Moment erlosch das Licht wieder.
Neben Arctus polterte es plötzlich. Aus reiner Intuition sammelte er seine magische Kraft und schoss eine Schattenflamme ins Dunkle. Ein lautes verzweifeltes Quiecken folgte, dann wurde es still. Erst etwas später traute sich der Lehrling wieder zu bewegen, trat etwas nach links, um auf etwas Weichem zu gelangen. Abermals ertönte ein Autsch neben ihm. Wieder war es der Fuß des Don, den der Junge erwischt hatte und diesmal konnte er sich ein lautes Auflachen nicht verkneifen. Zum Glück war es Dunkel.

Don-Esteban

och der Magier blieb ernst.
"Siehst du. Und das ist ein weiterer Grund, warum ein Magier den Lichtspruch im Schlaf beherrschen sollte. Wenn der Fuß, den du so ausgiebig trittst, nicht mir - einem überaus freundlichen und nachsichtigen Magier - sondern beispielsweise einem der Söldner von Onars Hof gehören würde, was glaubst du, wie dieser Söldner reagieren würde?"
Eine kurze effektvolle Pause später sprach er weiter.
"Richtig, er würde kurz knurren, dann hätte er sein Schwert oder seine Axt gezogen und dich um einen Kopf kürzer gemacht.
Du siehst also, es hat nur Vorteile, den Lichtzauber gut zu beherrschen.
Ein weiterer wäre übrigens, dass du mit Licht sogar gesehen hättest, wohin deine Schattenflamme losgegangen wäre. So war es einfach nur ein Zufallstreffer."
Ohne die tote Ratte zu beachten, war der Lehrmeister weitergegangen, Arctus neben ihm her.
"Übe einfach weiter. Oder willst du noch lange hier im Dunkeln umhertappen?"

Arctus


"a, eigentlich gefällts mir im Dunkeln viel besser!", antwortet Arctus spöttisch. Er regte sich viel zu sehr auf, über diese Kälte, die der Herr Esteban ausstrahlte und ihn auch fühlen ließ. "Das Gute ist da nämlich auch, dass man nicht gesehen werden kann!", fügte er noch hinzu und zeigte dem Don einen Vogel.
Dem würde er es schon noch zeigen ...
Trotz dessen befand sich ein paar Minuten später wieder eine Lichtkugel über Arctus' Kopf, den das langsam etwas anstrengte. Das ständige an und aus, immer wieder musste er soviel Energie aufwenden um dieses Ding über seinem Kopf zum leuchten zu bringen.
Arctus pustete übertrieben die Luft aus seinen Lunge. Ihn langweilte diese ganze Lichtgeschichte.
"Ich habe übrigens etwas über die Blutfliegenbeschwörung gelesen. Kannst du eine herbeizaubern?"

Don-Esteban


mmer noch stiefelten Don-Esteban und Arctus durch die Wälder und Täler von Khorinis.
"Natürlich kann ich eine Blutfliege beschwören", antwortete der Lehrmeister gerade auf die Frage seines Schülers.
Und genau das werde ich jetzt auch tun. Und du versuchst, während du eine Lichtkugel am Leuchten hältst, mit Schattenflammen diese Blutfliege zu treffen und zu vernichten."
Und da er sich genötigt sah, seinem Schüler für diese zugegebenermaßen recht anspruchsvolle Aufgabe einen kleinen Motivationsschub zu geben, schloss er die Aufforderung mit einem Versprechen.
"Falls du es schaffst, diese Aufgabe zu meiner Zufriedenheit zu lösen, werden wir diesem Weg hier weiter folgen und uns bis zu seinem Ende an ihn halten. Er wird uns ins Kloster der Innos-Priester führen. Dort kannst du eine Menge über den Lichtgott lernen und die Sichtweise seiner Priester aus eigener Anschauung erleben. Andere Betrachtungsweisen kennen zu lernen kann nie schaden."
Und kaum waren seine Worte verklungen, ertönte ein gleichförmiges Summen und eine hässlich anzuschauende Fliege war entstanden. Innwendig hohl hielt sie nur ihr Gerüst aus Chitin. Die glitzernden Facettenaugen täuschten nicht darüber hinweg, dass das Geschöpf keinerlei Leben besaß.
"Und nun beginne."

Arctus


rctus nickte nur. Was sollte er schon sagen, es war beschlossene Sache. Wieder einmal ließ er die eine Lichtkugel in seinen Händen an Form gewinnen und in die Lüfte steigen, genau vor die untote Blutfliege des Priesters. Ob der Don wusste, was Arctus vorhatte? Er tat auf jeden Fall nichts gegen das Vorhersehbare. Licht und die Schattenflamme zusammen bildeten eine starke Waffe, zwar unkontrollierbar, aber heftig und gut anzuschauen, wobei es Arctus eher um letzteres ging.
Kleine magische Fäden schienen zwischen ihm und der Lichtkugel zu bestehen, zupfte er an einem, bewegte sich die Kugel in diese Richtung.
Sich noch einen Moment konzentrierend schritt er zwei Schritt auf die Blutfliege zu, um sicher zu gehen, dass er treffen würde. Nur mit Mühe schaffte er weitere magische Kraft separat zur Anderen zu bündeln. Die Rune half ungemein, hatte einen leichten Saugeffekt. Arctus ließ die Lichtkugel an die Blutfliege schweben, bereite sich zum Schuss vor. Immer mehr unsichtbare Flammen züngelten von seinen Händen, wollten freigelassen werden.
Sie wurden freigelassen.
Mit kontrollierter Macht ließ er die Schattenflamme auf die Lichtkugel zufliegen, die das Geschoss im ersten Moment einfach verschluckte, als wäre es etwas zu essen. Doch wie ein Magengeschwür breitete sich Dunkelheit im Inneren der Kugel aus, erste risse entstanden und schließlich explodierte die magische Ladung und zerfetzte die Blutfliege. Wieder war es dunkel...

Don-Esteban


ls der Donner verhallt war und die Reste der Blutfliege nach mehr oder weniger langem Flug alle auf dem Boden lagen, verzog sich auch der Rauch und ließ zwei Gestalten zurück. Die größere ließ sich nichts anmerken, auch wenn die Robe in komischen Fetzen herunterhing. Die Kleinere stand etwas betroffen herum und versuchte irgendwie, unauffällig auszusehen. Was aber angesichts des zerstrubbelten Haares, in dem noch diverse Reste der explodierten Blutfliege hingen, schwierig bis unmöglich war.
"Tja, die Aufgabe wäre gescheitert. Ich hatte für einen winzigen Augenblick den Eindruck, dass du tatsächlich etwas gelernt hättest. Nämlich, dass man Licht und Schattenflamme nicht gemeinsam einsetzt. Da habe ich mich geirrt. Ich habe mich sowieso vollkommen in dir geirrt. Gehen wir zum Kastell zurück."
Die eiskalte und irgendwie ausdruckslose Stimme des Lehrmeisters verstummte. Ein eiserner Griff umklammerte Arctus' Arm und beide gingen den Weg zum Kastell zurück. Das sah irgendwie merkwürdig aus, wie diese beiden Gestalten den Weg entlang wankten, ihre Roben hingen ihnen in Fetzen von den Körpern und die Haare waren zerzaust und verdreckt von Resten der Blutfliege.

Arctus


rctus rang sich aus dem eisernen Griff seines Meisters und blieb auf der Stelle stehen. Die Hände ballte er zu Fäusten und stampfte dann auch wütend auf den Boden auf.
"Einen Dreck ist gescheitert!", schrie er gerade zu, "ich habe beide Zauber gleichzeitig gewirkt, die Blutfliege getötet, so die DU es mit gesagt hast! UND VERDAMMT NOCH MAL, ICH KANN ALLEINE GEHEN!"
Arctus spannte all seine Muskel vor Wut, in der Hoffnung dadurch irgendwie zu explodieren, war dadurch schon leicht rot angelaufen. Mit einem Mal schnellte er nach vorne und trat einen Stein so heftig, dass dieser meterweit nach vorne flog. Den Schmerz schluckte er herunter. Er war es auch, der ihn wieder zur Fassung zwang.
Zwei endlos lange Schritte an den Wegrand folgten, dann setzte sich der am Boden zerstörte Junge auf eine Wurzel, legte den Kopf in die Hände und sprach nun ruhig,
"Ich glaube deine Anforderungen kann man nicht erfüllen."
Hatte er aufgegeben?...

Don-Esteban


er Magier schüttelte resigniert mit dem Kopf.
"Meine Anforderungen sind ganz einfach zu erfüllen. Jeder Magier, der die Magie beherrscht, tut es, denn ich habe fast alle von ihnen geprüft. Und sie haben bestanden. Was ist so schwer daran, ein Licht zu beschwören und gleichzeitig eine Schattenflamme loszulassen auf ein Ziel, ohne das Licht da in irgendeiner Weise mit hineinzuziehen? Noch dazu auf ein Ziel zu schießen, dass netterweise noch ruhig ist und sich nicht bewegt. Und zu guter Letzt wissen wir doch beide, was passiert, wenn man Licht und Schattenflamme kombiniert. Sollte uns das nicht zu denken geben? Ich glaube schon. Ich für meinen Teil komme zu dem Ergebnis, dass es besser ist, dies nie wieder zu versuchen. Deine Überlegungen sind wohl aus Versehen in eine andere Richtung, die sich leider als Sackgasse erwiesen hat, gedriftet."
Er drehte sich von Arctus weg und nahm wieder seinen Weg in Richtung des Kastells auf. Nicht weiter auf seinen Schüler achtend.
"Komm jetzt, du wirst im Kastell weiter lernen. Den Ausflug ins Innoskloster werden wir später nachholen. Oder glaubst du, die Priester werden uns in diesem Aufzug in ihr Kloster lassen? Außerdem habe ich kein Problem damit, die mit deinem Besuch im Kloster dort auftretenden Probleme noch etwas hinauszuzögern."
Seufzend drehte er sich nun doch noch einmal nach Arctus um.
"Nun komm, lass uns ein Bad im Kastell nehmen und dann die Annehmlichkeiten des Refektoriums genießen."

Arctus


ei dem Gedanken den Don ohne Robe zu sehen, musste Arctus sich unweigerlich schütteln. Wobei er ja nicht hingucken müsste ... was sich als schwer erweisen würde. Aber nach einem Bad war ihm schon.
"Ich mag die Innosler sowieso nicht!", gab er noch von sich, als wäre es eine Art Protest. Den Rest des Gesagten von Don schluckte er einfach in sich hinein, so wie er es schon oft getan hatte.
Etwas wiederwillig drückte sich Arctus von der großen Wurzel um wieder auf beiden Beinen zu stehen und sich zu seinem Meister zu gesellen.
Auf dem Weg zurück blieb es außerordentlich still zwischen den Beiden. Arctus versuchte nicht seinen Ideen nachzugehen und der Don, der ging einfach, dachte sich wohl seinen Teil.
Arctus dachte auch. Er konzentrierte sich eigentlich gar nicht mehr auf den Weg und sein Gehen, sondern versank in tiefen Gedanken über seine weitere Ausbildung. Wenn er sie bestehen wolle, müsste er auf gutem Fuße mit seinem Meister stehen, vielleicht seinen Drang nach Neuem etwas zurück stellen und ein Otto-Normal-Magier werden, der einfach das hin nimmt, was ihm vor die Füße geworfen wird, ohne weiter darüber nachzudenken. Auf jeden Fall wäre diese Möglichkeit des JA Sagens erheblich einfacher und ohne jeglichen Wiederstand.
"Tut mir übrigens leid, wegen deiner Robe.", unterbrach Arctus die Stille.
In der Ferne konnte man bereits wieder die Mauern des Kastells durch die Dunkelheit schimmern sehen. "Wie man so ein Gebäude an so einem nahezu unerreichbaren Platz errichten kann?", sprach Arctus seinen Gedanken laut aus...


(Fortsetzung auf Seite 11)