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Inhalt 07/03
Sonderausgabe


Zirkel um Xardas
   
Arctus entdeckt die Schönheit
gepostet am 04.07.2003
 
Arctus

ergleichbar mit den anderen Magien bringt die Schwarze doch wohl wirklich die skurrilsten und vor allem schönsten hervor! Wer sieht schon so einen wunderbar aufgebauten Körper aus dieser Sichtweise? Dies Eleganz, die in diesem Schattenläufer wohl einmal gesteckt hatte, war keines Falls verfallen wie die äußere Hülle. Nein, auch ohne diese wirken alle Bewegungen anmutig schön und wundersam kraftvoll, obwohl jegliche Muskelstränge fehlen. Arctus stand nur mit offenem Mund da, beachtete die umherstreunenden Gegner gar nicht. Erst als ihn ein Magier zum Kämpfen anstieß zückte er ein Stück Pergament und las es vor. Langsame und verständliche Wort formten sich zu einer Einheit, die ein Tor zur anderen Ebene formten, in der Alle geschöpfte verweilte. Langsam öffnete sich ein Schlitz im Boden, weitete sich etwas, als eine knochige Hand heraustrat. Arctus blickte kurz von der Pergamentseite auf, beobachtete das schaurige Schauspiel vor sich und trat näher um in die hocke zu gehen, um alles mitverfolgen zu können. Die knochige Hand faste den Boden zog eine kräftige Schulter hoch, an der sich gleich noch ein Kopf anschloss. Ausdruckslos sah es zu seinem Erschaffer, der immer noch den Schwall der Worte in die Welt ließ. Schweiß trat auf die Stirn des Jungen, perlte hinunter auf die Nasenspitze und dann auf die Schriftrolle um schließlich das letzte Wort zu verwischen. Arctus geriet ins Stocken, wusste er keines Falls, was dieses Wort seien mag. Das Pergament zerbröselte in Tausend Stücke. Die Beschwörung schien abgebrochen zu sein, was man auch an der Verengung des Loches im Boden sehen konnte. Das Portal zerrte das Skelett wieder nach unten, das sich jedoch noch mit verzweifelter Kraft an das hier und jetzt klammerte. Arctus griff nach der anderen knochigen Hand, zog mit aller Kraft. "Komm zu mir!" Eine Hüfte trat mit nach oben, gefolgt vom Steißbein. Schließlich stemmte sich ein Knie auf den Boden, zerrte die Füße unter sich noch mit Hoch und noch bevor sich das Portal schloss spuckte es einen langen Zweihänder aus. Der Sog ließ nach und Arctus kippte samt Skelett nach hinten um. "Bei Beliar, bist du schön!", lobte er das Skelett, als er den perfekt geformten Schädel betrachtete. Was es wohl früher mal war? Ein stolzer König? Eine Prinzessin? Und jetzt gehorchte er dem Jungen?! Arctus packte den knochigen Kollegen bei der Hand und zeigte ihm die Orks, die sich mit dem anderen Skelettkollegen abrackerten. Der Andere sah zwar schattenläufermässig aus, aber das ist ja egal. Beide bestanden sie schließlich nur aus Knochen! Arctus zeigte mit dem Zeigefinger auf einen der Grünhäuter und wollte dem schönsten Skelett auf Erden zeigen, was zu tun sei, doch dies schien es nicht zu verstehen. War die magische Verbindung etwas durch das Eine fehlende Wort abgebrochen? Der Junge rätselte ernsthaft. Schließlich zückte er seinen Dolch, machte ein paar Bewegungen, die wohl Schlagkombinationen dar stellen sollten. Das Skelett versuchte sie nachzuahmen, bewegte die Gelenke. Einfach Wunderbar, wie sich Wirbel für Wirbel nach hinten Streckte, als das Skelett ausholte um den schweren Zweihänder über den kopf zu schwingen und zuzuschlagen. Dann entstand ein Katzenbuckel und knirschend ätzten die ganzen Knochen unter der Last und dem Schwung.
 

Arctus zeigte nun abermals auf die Orks und das Schattenläuferskelett. Schöni stampfte los, noch etwas unsicher, doch wie der Blitz lernend, den mit jedem Schritt wurde es sicherer, kräftiger, anmutiger. Der Ork schrie auf. Er hatte gar nicht bemerkt, wie sich das Skelett flink an ihn geschlichen hatten und ihm das Schwert in die Schulter bohrte. Sofort waren zwei seiner Brüder zur Stelle, die auf den knöchernen Helden einschlugen. Schöni, drehte sich im letzten Moment, wich einer heransausenden Klinge aus und setze eine dreihundert und sechzig Grad Drehung nach, die die Gegner auf Distanz brachte. Kurz darauf schlug die stumpfe Seite eines Orkbeils auf den Schädel Schönis, der sich zersplitternd im Raum verteilte, Augen aus den Höhlen riss. Der restliche Körper taumelte noch ein bisschen vorwärts, wurde jedoch von einem kräftigen Orktritt zu Boden gebracht und ebenfalls zerschmettert. Arctus schluckte. Gerade war irgendwas in ihm gestorben. Traurig senkte er den Kopf, betrachtete die Schwarz-Weißen Kacheln, die noch unter all dem Blut hervorlugten und dachte sich, "Scheiße!" Im nächsten Moment brüllte ein Ork auf. Er hatte den Jungen bemerkt und schien auf ihn zu zeigen um den Kampfesfreunden zu zeigen, wo sie hinsollten. Arctus schluckte abermals. Schnell wandte er sich um und rannte weg. Im Rennen kramte er einen weitere Spruchrolle hervor, stolperte jedoch, so dass all das Papier auf dem Boden umherflatterte. Funken spritzen Neben ihm. Eine gigantische Orkwaffe hatte ihn knapp verfehlt. Sie hätte ihn zerbröselt, so heftig schlug sie auf. Panisch trat der Junge nach hinten, traf glücklicherweise die Weichteile des Ungetüms. Sich noch eine Spruchrolle schnappend rannte er weiter weg, den Gang entlang. Sackgasse. Arctus hämmerte angsterschüttert gegen die harte Mauer. Als ob ein "Sesam öffne dich" gerade in dem Augenblick geschehen würde! Nein, es geschah natürlich nichts. Die Mauer blieb Mauer und des Jungen Worte überschlugen sich fast. Die Spruchrolle würde ihn retten, ganz gewiss! Drohend erhob sich die Orkfratze vor ihm, bäumte sich immer mehr auf und warf einen tiefschwarzen Schatten über ihn. Arctus blaue Augen, tränendurchsetzt wie sie waren, funkelten ängstlich, als er schließlich das letzte Wort aussprach. Die Dunkelheit wich. Es wurde Licht, wo einst Schatten herrschte. Eine Kugel, bestehend aus Helligkeit manifestierte sich vor ihm und schwebte glücklich vor sich dahin. Das war sein Ende! "Wieso musste ich grade diese Schriftrolle erwischen!", wimmerte er nur, während er sich über die Stirn wischte. Wie auf befehl hüpfte die Kugel nach vorn, in die einzige Öffnung, die gerade auf direktem Wege vor ihr lag. Das Orkmaul. Des Orkes Augen warfen sich an die Mauern, wie das Bild eines Projektors. Äderchen waren zu erkenne und vor allem die schwarze Pupille. Der Ork schrie. Die Lichtkugel in seinem Kopf schien seine Nerven wortwörtlich überzustrapazieren. Eine Freudenträne glitt an der blutigen Wange des Jungen herunter. Der Ork erblindete so eben, konnte ihm nur noch durch Glück etwas zu leide tun. Kreischend scharbte der Ork nun auf dem Fußboden herum. Sein Kopf musste sich wie kurz vor dem zerplatzen Anfühlen, doch Arctus lachte nur darüber. Es gab etwas Grausameres als den Tod! Licht im Kopf. So schnell ihn seine Beine trugen begab sich der Magus wieder zu der Gruppe, sammelte seine Schriftrollen wieder auf und versuchte mal hier, mal dort mit Rat und Tat zu helfen ...

 
Impressionen eines Orküberfalls
gepostet zwischen 21. und 28.06.2003
  HoraXeduS

en drei Magiern, die in der immergrünen Esche ausharrten, war die Abwesenheit der Orks nicht entgangen. Zwar konnten sie von ihren Verstecken in der Baumkrone aus nicht bis in die Eingangshalle blicken, doch war es deutlich zu spüren, dass die feindlich gesinnten Geschöpfe die Mauern des Kastelle verlassen hatten. Es war, als atme das Gemäuer kurz auf. "Das ist mir nicht geheuer." brummte Horaxedus und ließ sich langsam den Baum hinunter auf den Boden des Innenhofes gleiten. Dann ging er zu Pforte, die den Innenhof vom Kastell trennte und betrachtete die in der späten Nacht noch errichtete Falle: Noch immer brannte das Öl über dem Tor, wenngleich die dunkle Flamme nur schwer zu erkennen war. Der Schwarzmagier griff nach oben, um einen der beiden brennenden Töpfe von der Tür zu nehmen, doch verbrannte er sich augenblicklich einen Daumen. "Verdammt! Ist das heiß!" Den Stoff seiner Robe als Topflappen verwendet, hatte er dann jedoch schnell beide Töpfe auf den Boden neben die Pforte gestellt. Unter Einsatz verschiedenster Techniken gelang es dem Glasmacher schließlich auch, den Ölbrand zu löschen, ohne sich die Robe zu verbrennen. Nun konnte man die Brandtöpfe noch benutzen und trotzdem erst mal durch die Pforte wieder das Kastell betreten, wovon Horaxedus auch sogleich Gebrauch machte. Der Schwarzmagier stapfte schnurstracks in die Küche, wo er in der vergangenen Nacht bereits die Zutaten für die Öltöpfe besorgen konnte. Da lagen doch diese beiden Fässer, unordentlich hingeworfen, als ob die Dämonen sie gerade zu entsorgen gedachten, als sie ihren plötzlichen Aufbruch offenbar etwas überstürzt angetreten hatten. Horaxedus packte das größere der beiden Fässer und rollte es gekantet aus der Küche, dann -einer holperigen Walze gleich- den Korridor entlang, bis er es schließlich in seine Werkstatt kippte und direkt links hinter der Tür zum stehen brachte. Der Deckel ließ sich öffnen. Mühselig prokelte Horaxedus mit Xions Degen ein weiteres Loch in die Wand des Fasses, dann schob er es hinter der Eingangstüre fest an die Mauer. Der Glasmacher verließ seine Werkstatt, schloss die Tür hinter sich und ging weiter, den Korridor entlang, um zu schauen, ob hier, in den hinteren Winkeln des Kastells noch etwas zu erledigen sei.

HoraXeduS

s wurde Horaxedus zu bunt mit diesem Jüngling. Der Freundlichkeiten waren genug ausgetauscht. Arctus wusste, worum es hier ging und wenn er es vorzog im Kastell umherzulaufen, dann tat er zumindest gut daran, es mit shark zu tun. Der Glasmacher verabschiedete sich mit einer flüchtigen Handbewegung von den beiden, er hatte noch zu tun. Zügig huschte der Magier durch die Gänge des Kastells ins Refektorium. Auf einigen der Tische lag noch schmutziges Besteck, welches Horaxedus flink einsammelte. Nun eilte der Schwarzmagier die Treppe hinauf in das Stockwerk, in dem sich sein Zimmer befand. Als er dieses erreichte, trat er ein und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Beim Anblick des alten Sekretärs schmunzelte er kurz, trat dann hinüber, zog eine Schublade nach der anderen auf und füllte sich die eingenähte Tasche mit Kreide, Kerze, Garn und einigem weiteren Kleinkram, den sonst niemand wirklich mit sich herumtragen würde, außer vielleicht den Hohen Damen aus der Oberstadt, um ihre kleinen Handtäschchen damit zu füllen. Alsdann kniete Horaxedus neben seinem Bett nieder und kroch unter die Matratze. Hier zückte er die Mitbringsel aus dem Refektorium und eins, zwei, drei, vier Fleischmesser wurden am Kopfende durch die Schlafunterlage getrieben. Der Magier schob die Klingen so tief durch die Matratze, dass sie oben durch das Laken wieder hervordrangen. Dann erst griff er zum großen Tranchiermesser und bohrte es eine knappe Elle entfernt von unten nach oben, doch achtete er bei dieser Klinge darauf, dass sie das Laken nicht etwa durchbohrte, sondern hauchdünn darunter zu warten begann. Horaxedus holte nun aus seinem Schrank Leinentücher und Bücher, beides stapelte er unter dem Bett, und zwar genau so hoch, dass die Messer fest abgestützt waren. Schließlich rappelte er sich wieder hoch und schüttelte sein watteweiches Kopfkissen auf, welches er mit leichter Hand einladend auf den vier Klingen der Fleischmesser drapierte. Endlich öffnete Horaxedus sein Fenster. Bezaubert sah er eine Weile den Fliegen zu, wie sie den halbzerstörten Moleratkadaver in Massen umkreisten. "Ihr kommt mal mit", freute sich der Magier mit verzückten Blick, als er den Tierleichnam samt Hunderten von summenden Begleitern in einem frischen Bettbezug versenkte, den wiederum sein Schrank parat gehalten hatte. Den summenden Sack bereits auf dem Rücken, fiel der Blick des Glasmachers im Hinausgehen noch auf den großen Spiegel, mit dem er schon die eine oder andere eitle Schlacht gefochten hatte. "Nicht schlecht", brummte der Magier, als er nun sein stattliches Abbild zu Gesicht bekam. Dann packte er den mannshohen Blender vorsichtig am Rahmen und schleppte auch ihn mit aus dem Zimmer. Ein letztes Mal die Treppe hinab schritt der Magier zügig in seine Werkstatt, wo er den Kadaverbeutel in seinen Ofen legte und diesen verschloss. Sogleich verließ der Glasmacher den Raum und ging die Korridore entlang bis er wieder im Innenhof angelangt war. Im hintersten, schattigen Winkel legte er den Spiegel mit der Rückseite nach oben auf die Erde, direkt an der Mauer des Kastells. Dann trat Horaxedus einige Schritte zurück. Es war gut: Wenn man nicht wusste, dass da etwas lag, dann lag dort auch nichts. Nach getaner Arbeit schritt der Magier noch einmal entspannt in die Küche, nahm einen fast vollen Rotweinkrug vom Regal und wartete dann an der Pforte zum Innenhof, neben den Öltöpfen, auf shark. "Naja, meinetwegen auch auf Arctus" brummte der Schwarzmagier und nahm einen tiefen Schluck aus dem Krug.

Hosh Dhar'Khor

ie dumpfen Kriegstrommeln der Orkarmee begannen zu schlagen. Langsam und regelmäßig. Die Kämpfer waren aufgebrochen. Im Schutze der Dunkelheit marschierten sie, wenn nicht schweigend so doch immerhin recht ruhig zum Weg, der sich den Berg hoch zum Tor des Kastells schlängelte. Weit oben vor ihnen gähnte im dunkelgrau der Nacht, in der der schwarze Steinklotz des Kastells sich für die Augen der Orks heraushob noch einmal eine absolut schwarze Stelle: Das Loch, welches vordem vom nun zerstörten Tor zugedeckt worden war. Die Truppen nahmen ihre Aufstellung ein. Hier und da klirrte eine Waffe oder ein Rüstungsteil in der Dunkelheit. An anderer Stelle blinkte Eisen oder der geschliffene Stahl eines gezogenen Schwertes oder einer über die Schulter gelegten Stachelkeule. Neben jeder Einheit wehten die Kriegsbanner der Orks über den Kämpfern und blähten sich im Nachtwind. Der Stoff schlug hin und wieder gedämpft gegen die Stangen. Hosh Dhar'Khor schaute befriedigt über seine Einheit hinweg. Sie waren gut gerüstet für den Kampf. Eigentlich schon zu gut. Was hatte der Spähtrupp berichtet? Es gab fast gar niemanden in diesem Gebäude? Wozu machten sie sich dann die Mühe und belagerten es erst tagelang, ehe der Angriff begann? Der Krieger spuckte aus. Wenn es nach ihm gegangen wäre, wäre er einfach reingestürmt mit der gesamten Streitmacht und hätte alle Feinde Hordokh geopfert, derer er habhaft geworden wäre. Aus ihren Schädeln hätte er einen Altar errichtet zu seinen Ehren und ihr Blut hätte er seinen Kriegern zu trinken gegeben. Doch halt. Dort waren ja keine Kämpfer. Auf das wässrige Blut dieser Schwächlinge da oben in diesem schwarzen, hässlichen Bau konnte er verzichten. Verächtlich verzog er seine Mundwinkel und spuckte in den Staub. Langsam wurden die Kämpfer ungeduldig. Doch noch schlugen die Orktrommeln hinter ihnen im Lager. Die Schamanen hatten noch nicht das Zeichen zum Angriff gegeben. Ungeduldig scharrte hier und da ein Ork mit dem gepanzerten Fuß im Staub. Waffen rasselten, Flüche klangen durch die Dunkelheit. Da - die Trommeln setzten aus. Das war das Zeichen zum Angriff. Die Körper der Kämpfer strafften sich. Die Krieger aller Abteilungen erhoben ihre Köpfe und die gesamte Armee der Orks stieß ihren grässlichen Kriegsschrei aus. Wie aus einer gewaltigen Kehle brandete der Ruf durch die Nacht, schäumte empor und brandete wie eine Sturmflut an die Mauern des Kastells. Doch dies war nicht die Sturmflut. Die wirkliche Flut kam den Berg hinaufgerannt. In Gestalt vieler grünhäutiger Kämpfer, die mit weit ausholenden Schritten den Raum zwischen sich und dem Ziel sehr schnell verkürzten, mit hoch erhobenen Waffen jeden Gegner zu erschlagen gedachten und mit pochendem Herzen die Aufregung des kommenden Kampfes genossen, ja ihm entgegendürsteten. Dies war die Flut. Das Kriegsgeschrei war lediglich der erste Windstoß eines Sturmes gewesen, der nun über das Kastell, das verlassen und allein auf der steinigen Spitze des kahlen Berges stand, aufzog und sich in wenigen Augenblicken entladen würde. Verlassen war es, verlassen von dem Schutz durch die Dämonen Beliars, verlassen von der Aura der Unantastbarkeit. Doch nicht verlassen von ein paar unglücklichen Menschen, die nun hilflos der Sturmflut entgegensehen mussten, die bald über sie hinwegfegen würde und schlussendlich über ihnen zusammenschlagen würde. Danach würde sich alles wieder beruhigen und wenn das Orkheer abgezogen sein würde, würden nur noch einige verbrannte Mauerreste davon zeugen, dass hier einst ein Gebäude stand. Schreiend rannten die Kämpfer nach vorne, den Berg hinauf. Die ersten waren am Gebäude angekommen. Doch da keinerlei Fenster oder Türen die Außenhaut des Baues durchdrang, waren sie alle auf den einen bekannten Eingang beschränkt. Unzählige Füße traten auf die Reste des Tores, das nun entgültig unter der Last der gepanzerten Kämpfer zerbrach. Krachend gab das Holz nach und zersplitterte geräuschvoll. Zornig drängten sich die Kämpfer alle durch den für diese Armee zu schmalen Gang ins Innere des Kastells. Wie riesige Ameisen fluteten sie in die Eingangshalle, sammelten sich auf dem Pentagramm, wurden von den nachrückenden Kriegern weiter geschoben und immer weiter nach vorne gedrängt. Es war ein seltsamer Angriff. Fast kam man sich vor, als ob es um eine dieser Verladeaktionen am Anfang eines Kriegszuges auf eine Galeere ging. Weiter ging es und immer weiter. In alle Gänge drängten die Orks und schon kam das erste Siegesgeheul auf. Kein Gegner hatte sie hier erwartet. Doch deswegen war es kein ehrenvoller Sieg. In die rufe mischten sich Wut und Enttäuschung. Kein Feind in Sicht. "Diese räudigen Goblinhirne haben sich aus dem Staub gemacht. Feiglinge! Feiglinge!", hallte es durch die Gänge, Flure und Hallen. Und immer mehr Orks nahmen die Rufe auf, so dass am Ende fast die gesamte Armee schreiend und lärmend durch das Kastell rannte. Jetzt hatten die ersten einen großen Saal erreicht. Hässliche Bilder hingen an den Wänden. Sie wurden abgerissen und mit den Füßen getreten. Die Tische wurden umgekippt und zerhackt, die mit Schnitzwerk versehenen Stühle gegen die Wand geschleudert. Zerberstende Möbelstücke flogen den Orks um die Ohren. Holztrümmer segelten durch die Luft. Einer der Kämpfer war ganz weiß vom Staub der vielen Holzspäne. Mit einem gewaltigen Nieser befreite er sich von der Puderschicht. In der Küche rissen die Orks alles aus den Regalen, was sie fanden, die Regale gleich hinterher. Die Wut über die feigen Menschen, die sich nicht zeigten und nicht kämpften, war grenzenlos. Mehl wurde umhergestreut, Eimer mit Erbsen und Linsen wurden umgeschüttet und Orks rutschten darauf aus. Andere trampelten darüber hinweg. Das Chaos war perfekt. Die Armee war im Kastell angelangt. "Der Saal wird das Hauptquartier." Hosh Dhar'Khor versuchte, Ordnung in die Masse aus durcheinander rennenden Orks zu bringen, sich der Energie der Zerstörung entgegenzustellen. Erfolglos. Wütend zog er dem nächstbesten Krieger eins mit dem Schwert über - das Blut spritzte hoch - packte den nächsten an der Kehle, drückte zu - das leise Knacken des Adamsapfels war viel zu leise für den unglaublichen Lärm - und warf ihn in die Masse der durch die Tür des Saales brandenden Krieger. Dann brüllte er so laut, dass dem Unglücksraben neben ihm das Trommelfell platzte und holte mit seinem linken Arm weit aus. Und mit voller Wucht traf den nunmehr dritten Ork der gepanzerte Handrücken mitten ins Gesicht, dass durch die Stachelspitzen am Panzerhandschuh Hosh Dhar'Khors weit aufriss. Ein grässlich anzuschauender Lappen klappte auf und gab den Blick auf die Kieferknochen des Getroffenen frei. Der wollte etwas sagen, doch dann holte ihn der Schmerz ein. Wild brüllte er auf, das herabhängende Fleisch aus seinem Gesicht verhedderte sich in seinen wild tastenden Fingern, wodurch der nur noch mehr in Panik geriet. Hosh Dhar'Khor hob das Schwert und lies es auf ihn niedersausen. Augenblicklich verstummten die Schmerzensschreie. Der restliche Lärm ließ trotzdem keine Ruhe aufkommen. Der Kopf des Orks rollte von dannen und blieb zwischen den Trümmern von Tischen, Bänken und Stühlen liegen. Der Körper sackte zusammen und fiel hart auf den Boden. Blut suppte in rauhen Mengen aus dem Stumpf des Halses und verwandelte den glatten Marmorboden entgültig in eine Rutschbahn. "ICH SAGTE, HIER WIRD DAS HAUPTQUARTIER AUFGESCHLAGEN!" Langsam bildete sich eine freie Stelle um Dhar'Khor. "Den Müll in diese Ecke da! Dort werden die Plätze für die Befehlshaber aufgebaut! An die Tür Wachen! An jede Tür Wachen! Jeder Gang wird untersucht! Verdächtige Bewegungen melden! Die Treppen in der anderen Halle mit dem roten Zeichen auf dem Boden werden untersucht! Ich will Berichte haben!" Wie Peitschenhiebe kamen die Befehle. "Spürt diese feigen Molerats auf. Tötet sie." Er hielt inne. Grimmig verzog der Schlächter sein Gesicht. "Nein, bringt sie mir lebend. Ich will ihnen selber das Herz rausreißen." Er stieß noch einen Kriegsschrei aus. Die Angesprochenen erwiderten ihn und führten dann seine Befehle aus. Wenn die Schamanen kommen würden, sollten sie hier einen Platz vorfinden, der ihrer würdig war. "Und reißt endlich diese frechen Schmierereien von den Wänden!" Die letzten Bilder der ehrwürdigen Magier wurden mit roher Gewalt abgerissen und auf einen Haufen geworfen. "Verbrennt sie. Schlagt ein Loch in die Decke, damit der Rauch abziehen kann." Die ersten begannen, diesen Befehl in die Tat umzusetzen. Die Orks hatten die Herrschaft über das Kastell angetreten. Jetzt bestimmten sie.

Kruhm Kach

in paar Orks versuchten in der Eingangshalle, der großen Statue den Kopf abzuschlagen. Sie überboten sich dabei gegenseitig an Erfindungsreichtum, was den bestplatziertesten Schlag anging. Den dämlichen Teller, den diese hässliche Statue vorstreckte, hatten sie vorhin schon abgeschlagen. Derjenige, der es geschafft hatte, war nun auch eifrig mit dabei, den Kopf abzubekommen. Er galt dem Rest als Experte in Abbrucharbeiten. Doch bislang hatten seine eben erworbenen Fachkenntnisse noch nicht ausgereicht, auch den mit einer in kunstvollem Faltenwurf drapierten Kapuze bedeckten Kopf vom Rumpf zu trennen. Schon machte sich Ärger breit, die Orks schrien durcheinander und fuchtelten wild mit ihren Schwertern und Keulen umher. Einer kam gar mit einem langen Balken an, den er als besonders effektive Keule verwenden wollte. Die anderen zeigten ihm, was sie von dieser Idee hielten, in dem sie sich mit dem Finger an die Stirn tippten. Doch nun wurde der Wettkampf "Hol den Kopf" plötzlich unterbrochen. In der Eingangshalle entstanden plötzlich Wirbel und Krümmungen, wo vorher nichts gewesen war. Ein paar der Orks, die weiterhin mit ihren Keulen versuchten, den Kopf von der Statue abzuschlagen und sich dabei selbst überboten in kraftvollen Schlägen, drehten sich um, als sie knisternde Entladungen aus dem Nichts trafen. Dann sahen sie, wie der Raum zerschnitten wurde und plötzlich wurde eine große Kugel hereingepresst. Das alles geschah in nur wenigen Augenblicken. Die Krieger wichen zurück, fassten ihre Waffen fester und trauten ihren Augen nicht. Dann war die seltsame Kugel verschwunden. Ein paar Blitze leckten, Zungen gleich, über den Boden und grapschten nach den Stiefeln der Orks. Die sprangen unwillkürlich zurück. Dann war Ruhe. Doch auf diesem roten fünfeckigen Ding stand plötzlich jemand. Wo kam der denn her. "Angriff!" Der Wachhabende Offizier brüllte den Befehl und die Kämpfer, gewohnt, Befehle auszuführen, setzten sich in Bewegung. Es war nur ein kleiner, schwacher Mensch. Und er stand ganz ruhig da und murmelte nur irgendwas. Wahrscheinlich wimmerte er vor Angst, denn jetzt war der letzte Augenblick seines Lebens angebrochen. Doch was war das. Ein helles Licht blendete die Krieger. Wie ein Riss in einer Stoffbahn, aus der helle, grellend helle Strahlen hervortraten. Doch mitten im Raum. Von nirgendwoher öffnete sich dieser Riss immer weiter und hervor kam eine Gestalt in Flammen,. Der Mensch schrie ihm irgendwas zu und das Flammenwesen drehte sich um. Entsetzt schauten die Orks auf den Dämon. "Es ist ein Feuergeist, ein Feuergeist!" Wild rannten sie durcheinander, rempelten sich gegenseitig um, alarmierten mit ihrem lauten Geschrei andere Krieger, die nun ebenfalls aus den umliegenden Gängen, wo sie mit den für Plünderer üblichen Handlungen beschäftigt gewesen waren, hervorgestürmt kamen und dann sofort jäh abbremsten, als sie sahen, was der Grund des Aufruhrs war. Wären sie doch lieber dort geblieben, wo sie eben noch so fleißig am Zerstören und Plündern waren. Die meisten Räume waren aufgebrochen und deren Inventar in alle Winde zerstreut, zertrampelt, besudelt, angezündet, zerbrochen und beschmiert. Wenn Türen sich nicht sogleich öffnen ließen, waren die nimmermüden Beutesammler der Meinung, dass sich hier etwas besonders wertvolles vor ihnen verbergen musste. Und so wurden eiligst alle möglichen Gegenstände herangeschafft, die sich mal mehr, mal weniger zum aufbrechen von Türen eigneten. Als besonders geeignet erwiesen sich diese nutzlosen Schrotthaufen, die in zahllosen Wandnischen umherstanden. Ein paar von ihnen hatten eine längliche Form und ein zwei Griffe zum anpacken fanden sich immer an den aus vielerlei Teilen bestehenden Eisenmonstern. So hallte denn bis eben ein ständiges Hämmern und Pochen durch die Gänge des Kastells, das von den vielen kleinen Gruppen von Orks herrührte, die sich jede ihre eigene Beutetür ausgesucht hatten. Diejenigen, deren Türen und Rahmen die prächtigsten Verziehrungen aufwiesen, schätzten sich am glücklichsten, weil sie sich ausmalten, dass hinter solchen Türen die größten Schätze liegen müssten. Eifersüchtig wurde jede Tür von der jeweiligen Gruppe von Orks bewacht, nicht, dass ein anderer Trupp diese Tür wegnahm und selber aufbrach. Doch als der Schreckensschrei aus der Eingangshalle kam, stürzten diejenigen, die ihn hörten, ohne noch lange über den Verlust ihrer heißgeliebten Tür zur vermeintlichen Schatzkammer nachzudenken, an den Ursprung des Rufes und wurden nun des flammenden Feindes gewahr.

Don-Esteban

er Magier schreckte hoch. Wo war er? Weshalb war es so dunkel? Was roch hier so muffig? Sein schmerzender Rücken holte ihn schnell wieder ins hier und jetzt zurück. Richtig, die Orks. Er wollte doch nur ein wenig zu Atem kommen, sich von der Anstrengung von zwei Zaubern in so kurzer Zeit hintereinander erholen. Don-Esteban fasste sich ans Auge und rieb sich die Müdigkeit weg. Wie lange er wohl weggenickt war? Das magische Licht, das er entzündet hatte, war schon seit langem verloschen. Leise ächzend richtete er sich auf, trat dann an die Tür und lauschte den Geräuschen, die gedämpft hindurchdrangen. Schwere Tritte klangen leise durch die dicke Tür. Es waren die Orks, die Patrouillen ausgeschickt hatten. Wahrscheinlich liefen sie durch das gesamte Erdgeschoss. Es würde schwer werden, zum Runenraum zu gelangen. Seufzend entledigte sich der Magier seiner Stiefel. Mit den eisenbeschlagenen Sohlen würde er nur unnötigen Lärm verursachen. Die Fußlappen legte er gleich mit ab. Jetzt musste nur noch ein geeigneter Zeitpunkt gefunden werden, zu dem die Orks möglichst weit weg waren. Noch einmal ging er den Weg im Kopf durch. Aus der Tür, dann links, dann wieder rechts, am Ende des Ganges nach links und an der ersten Abzweigung wieder rechts. Dort die geheime Tür suchen und unbemerkt öffnen. Wieder hallten Schritte den Gang entlang. Der Magier begann, zu zählen. Die Geräusche der schweren, auf den Marmorboden knallenden Orkstiefel war längst verhallt, als sich wieder Trittgeräusche ankündigten.
  "Die Zeit sollte reichen", murmelte der Hohepriester zu sich selbst. Als die nächsten Schritte verhallt waren, öffnete er, entschlossen dazu, den Gang zu durchqueren, die Tür und lugte hervor. Niemand zu sehen. Schnell, so schnell es mit der Würde eines Oberpriesters vereinbar war, lief er die Gänge entlang, um zur geheimen Runenkammer zu gelangen. Erste Biegung, zweite Biegung, Stop, da war eine Einmündung eines anderen Ganges. Mit rasselndem Atem presste er sich an die Wand und lugte dann vorsichtig um die Ecke. Ein wenig weiter weg, vielleicht zwanzig Schritte entfernt stand ein einzelner Ork, der dem Magier den Rücken zukehrte. Anscheinend hielt er es für wichtiger, wer von der anderen Seite in diesen Gang wollte. Gut für den Magier. Schnell führte ihn sein Weg weiter in die richtige Richtung, weg von dem im einmündenden Gang stehenden Ork. Hier kam jetzt bald sein Labor. Ob er den Räumlichkeiten einen Besuch abstatten sollte? Nun... dazu war vielleicht später Zeit. Zuerst der Runenraum mit den Schriftrollen. Plötzlich erscholl ein Ruf hinter ihm.

Carost'D Kelá

arost'D Kelá hatte beschlossen, den Gang alleine weiter zu durchsuchen. Wozu sollte sie auf Verstärkung warten? Andere würden ihr nur die Beute abjagen wollen. Nicht, dass sie davor angst gehabt hätte. Ihre schnellen Dolche hatten bisher noch jeden Dummkopf von ihr ferngehalten. Aber es würde wieder Ärger geben, wenn Dhar'Khor davon erfuhr. Er war sowieso viel zu pflichtversessen. Der Tag, an dem er nicht andere rumkommandieren konnte, war für ihn ein verlorener Tag. D Kelá drehte sich um. Hey, da lief doch einer dieser schmierigen Wiesel! "He du dreckiger Feigling. Ich krieg dich." Sie rannte los, kaum dass sie sich umgedreht hatte. Doch der Feigling vor ihr flüchtete. Das machte sie wütend. Ständig flohen die Feinde vor ihr. War ihr Ruf denn schon so weit vorgedrungen? Jetzt kam sie nicht mal mehr dazu, wenigstens einen Feind zu töten. Alle rannten weg. Donnernden Schrittes stiefelte sie hinter dem Fliehenden her und belegte ihn dabei noch mit den üblichen Beleidigungen, die vor einem Kampf ausgetauscht wurden. Doch Moment mal, das war hier kein ehrenhafter Kampf. Also konnte sie sich den Atem sparen. So verstummte die denn, zog stattdessen ihr Schwert und hob es zum Schlag bereit über den Kopf. Jetzt war der kleine Mensch auch noch hinter einer Ecke verschwunden. Der konnte was erleben, wenn sie ihn erst hatte. Den würde Hosh Dhar'Khor nicht in seine blutgeilen Finger bekommen. Der gehörte allein ihr. Schade, wenn es ein echter Gegner gewesen wäre, hätte sie ihn ja eine weile zu ihrem Sklaven machen können, aber so... Sie wollte sich ja nicht dem Spott der anderen Orks aussetzen, wenn sie mit einem solchen Gefangenen ankam. Nein, er würde gleich sterben. Schnell und schmerzvoll. Naja, vielleicht nicht ganz so schnell. Ein wenig Spaß war nie verkehrt. Die Kämpferin erreichte die Biegung des Ganges und kaum war sie herum um die Ecke, blieb sie stehen. Wo war dieser Moleratsohn jetzt hin? Da, ganz hinten da war doch eine dieser Türen offen. Ja, dort musste er sein. Wieder setzte sie sich in Bewegung und lief mit großen Schritten in die Richtung der Tür, um zu sehen, was dort loswar. Links und rechts passierte sie mehrere Türen, teilweise aufgebrochen und Gruppen von Orks darin, die die Räume nach Wertvollem durchsuchten. Doch oft hörte sie im Vorüberlaufen nur enttäuschtes Gegrunze. Hier und da lagen Haufen voller Gerümpel im Flur, ein Stück vor ihr flog ein halber Schrank aus einem Raum und kurz darauf ein ganzer Ork. Beide prallten mit voller Wucht gegen die gegenüberliegende Wand und dann auf den Boden. Dort bildeten die Einzelteile einen neuen Haufen aus Müll. Carost D'Kela rannte weiter. Die offene Tür war schon ganz nahe. Warum hatte sie denn vorher noch keiner bemerkt. Dort schien noch kein Ork gewesen zu sein. Kein Unrat lag herum. Hier war es sowieso ruhiger. Nirgends Spuren von Verwüstung. Die Kämpferin frohlockte. Dann hätte sie alles hier für sich alleine. Und niemand würde ihr den Mensch wegnehmen, die könnte ihn ganz alleine töten. In wenigen Schritten würde die Tür erreicht sein. Hier musste der Mensch hingerannt sein. Es roch schon so komisch, dieser Gestank konnte ja nur von ihm stammen.

Don-Esteban

ei allen Dämonen, jemand hatte ihn gesehen! Jetzt war es vorbei mit der Würde. Barfuß und auf leisen Sohlen, die ihm nur jetzt nichts mehr nützten, floh er durch das Kastell, erreichte die Ecke und verschwand dahinter. Wohin jetzt? Fieberhaft arbeitete das Hirn. Er musste den Verfolger loswerden. Eine Idee manifestierte sich. Sollte er wirklich...? Es war zu gefährlich... nein... doch! Es gab keine andere Möglichkeit. Die Kammer des temporalen Nullpunkts musste geöffnet werden. Der Raum, an den sich bislang noch kein Magier getraut hatte, der nicht mal erwähnt worden war, weil keiner wollte, dass jemand auf die Idee kam, ihn zu benutzen. Doch Don-Esteban hatte darüber gelesen. Ja, er war nicht umsonst immer wieder in der Bibliothek gewesen, hatte dort Nächte über Nächte verbracht, mit... ja ok, mit schlafen aber vorher hatte er jedes Mal stundenlang gelesen, bis ihm die Augen zufielen. Das Problem mit dem temporalen Nullpunkt war, dass keiner wusste, wie er wirklich funktionierte und zu was er gut war. Es wurden alle möglichen Vermutungen angestellt. Denn jeder, der darüber schrieb, hatte nur Theorien. Diese reichten von so abgehobenen Meinungen wie der, dass es sich hierbei um eine Brutstätte für Dämonen handelte bis hin zu der abstrusen Vermutung, es sei schlicht und ergreifend er Aufbewahrungsort für all die Ungereimtheiten bei der Entstehung der Welt, eingefroren in temporaler Stase. Was natürlich Humbug war. Aber eine Idee war dem Magier schon vor längerer Zeit gekommen. Wenn man die Kammer öffnete, so prophezeiten einige Autoren, würde ihr Inhalt ausfließen und alles vernichten, was es gab. Und diese Befürchtung machte die Gefährlichkeit des Raumes aus. Doch andere hatten energisch widersprochen und meinten, dass die Welt sich selbst schützen würde und dass ein beliebiger Mensch gar nicht die Macht besäße, mit der Öffnung einer Tür die Welt an sich zu vernichten, denn dann - und das war einleuchtend - bräuchte man auch keine Götter, zu denen man betete, dass sie die Sonne am nächsten Tag wieder aufgehen ließen. Denn dann läge das Schicksal aller in den Händen desjenigen Menschen, der über die Öffnung der Kammer entschied. Und das wäre doch zu einfach, um zu klappen. Je mehr Don-Esteban über diese Theorie nachdachte, desto fester glaubte er daran. Ja, es könnte klappen. Es musste klappen! Hatte die Kammer nicht zwei Eingänge? Warum, wusste natürlich keiner - es wusste ja sowieso keiner etwas über ihren Zweck. Schnell die Vordertür aufsperren. Hastig bewegte er die Finger über die Tür, bekam gar nicht richtig mit, wie die silbernen Linien aufleuchteten, wie sie ihn leiteten, immer hin zum nächsten Griffpunkt, der bei Berührung konzentrische Kreise verbreitete, die sich wiederum mit den Linien berührten, sie schnitten und sich mit ihnen verbanden, bis teile davon verblassten und der Rest stehen blieb. So entstand nach und nach ein Muster aus Linien, zu dem sich nach jeder Berührung ein neues Puzzlestück dazugesellte, bis die gesamte Tür davon bedeckt war. Warum ging das nicht schneller? Fieberhaft berührte der Magier einen Punkt nach dem anderen, bis ein Knirschen und Klacken das Aufspringen des Schlosses anzeigte und die Tür endlich aufsprang. Das alles war in Augenblicken geschehen und doch kam es ihm vor, als hätte er Stunden vor der Tür verbracht Jetzt schnell in den nächsten Raum und die zweite Tür geöffnet. Keinen Augenblick zu früh, schon ertönte erneut das Brüllen des Orks. Es war recht hoch für einen Ork, das fiel dem Magier erst jetzt auf. Gab es etwas auch weibliche Kämpfer? Nunja,... was wusste er schon über Orks. Auch die zweite Tür sprang auf. Zögernd öffnete er sie und schaute in den Raum. Er war leer. Er war vollkommen leer. Entsetzt schaute Don-Esteban in den Raum, hindurch auf die gegenüberliegende Tür, die offen stand. Jeden Augenblick musste der Feind dort auftauchen. Und doch war er, angesichts dieser Gefahr unfähig, wegzulaufen. Starr stand er im Türrahmen und verstand nicht wieso dieser gefährliche, ja einer der unkontrollierbarsten Räume des Kastells, wie es in so vielen Schriften geschildert wurde, leer war.

Carost'D Kelá

etzt hatte sie die Tür erreicht. Ha, da stand er, starrte sie an, Furcht sprach aus seinem Gesicht, naja, diese Gesichter der Menschen sahen alle furchtsam aus. Wahrscheinlich kannten sie nichts anderes. Hoch erhob Carost'D Kelá das Schwert und schüttelte den Arm, stieß den Kriegsruf der Orks aus. Jetzt würde sie ihn schlachten, einfach abstechen und dem Lauf seines Blutes auf dem Boden zusehen und dabei Hordokh danken. D Kelá machte einen Schritt in den Raum. Es zog. Wie kalte Luft spürte sie es an ihrem Körper und je weiter sie kam, desto mehr spürte sie die Kälte des Luftzuges. Doch was war das? Plötzlich ging alles so schnell, dass sie nichts mehr mit den Augen verfolgen konnte. Was war dies wieder für eine teuflische Zauberei? Ein zorniges Gebrüll entrang sich ihrer Kehle, sie hörte es jedoch kaum, es war, als sei sie stumm. Die Gestalt des Feindes war plötzlich verwischt, und dann war sie weg,. Es war so plötzlich, wie man es sich gar nicht vorstellen konnte, stockdunkel. Wütend wollte sie auf die Tür zuspringen, um der Dunkelheit zu entkommen, doch verlor sie dabei das Gleichgewicht, wurde angehoben, fiel hin, nein schwebte. Bar jedes Haltes ruderte sie mit Armen und Beinen. Was war hier los. Ultrakurze Lichtblitze - vielleicht waren es nur Irritationen der orkischen Netzhaut - leuchteten auf und vergingen im selben Augenblick. Nichts passierte sonst. Nichts mehr.

Don-Esteban

on-Estebans Atem stockte. Da war der Ork, stand vor ihm, an der anderen Seite der Kammer, stürzte mit erhobenem Schwert auf ihn zu. Die schweren Rüstungsplatten an den Schultern glitzerten im Licht, das wie eine Art Stirnband um den Kopf gebundene rote Tuch flatterte im Wind. Im Wind? Der Ork sprang. Mit aufgerissenen Augen sah der Don den Feind auf sich zukommen, jetzt endlich wich er instinktiv aus, jetzt setzte das normale Verhalten wieder ein. Plötzlich hielt der Ork an. Ja, mitten in der Luft hielt er an. Und nun erklärte sich auch der Wind. Die Luft strömte in die Mitte des Raumes, warum, war nicht ersichtlich. Der Ork "stand" noch immer in der Luft. Einfach so. Mitten im Sprung eingefroren. Eine seltsame Blase bildete sich, an ihrer Grenzschicht war sie durchsichtig und doch wieder nicht. Die Oberfläche regflektierte Dinge, die sich gar nicht im Raum befanden, wilde Sachen, vollkommen durcheinander und doch konnte man noch hindurchsehen. Eine schwebende Kugel war entstanden, die den Raum fast ausfüllte. Man konnte drumherum gehen und sie von allen Seiten betrachten. Doch der Magier traute sich nicht, die zu berühren. Zu merkwürdig war, was er eben erlebt hatte. Der Ork war nun in dieser seltsamen Sphäre aus Luft gefangen, befand sich immer noch unbeweglich wie im Sprung, als ob er gleich auf der anderen Seite des Raumes ankommen würde. Doch dort befand sich der Magier nicht mehr, staunend hatte er, langsam um sie herumschreitend, diese seltsame, kugelförmige Sphäre schon halb umrundet und hatte sich den darin gefangenen Ork von allen Seiten angesehen. Obwohl sich so viele Dinge darin spiegelten, sie so viele Bilder an ihre Außenhaut projizierte, der Don spiegelte sich nicht darin. Doch er sah den Ork hindurchschimmern. Wie er immer noch in der selben Haltung verharrte. Plötzlich ein Summen, wie von einer Apparatur. Zuerst wusste der Magier nicht, was geschah, denn nichts veränderte sich. Unbemerkt gab der Boden des Raumes unter der Sphäre nach und schuf so Platz für die hin und her wabernde Oberfläche des Gebildes. Don-Esteban hatte genug gesehen. Das also war die Kammer des temporalen Nullpunktes. Wenn das alles war, dann waren die meisten Theorien darüber lachhaft. Jetzt stellte sich nur noch die Frage - wie bekam man etwas aus der Kammer wieder heraus? Obwohl - wer wollte den Ork denn wieder herausbekommen? Sollte er ruhig eine Weile darin bleiben. Vielleicht bräuchte man ja mal einen lebenden Ork für irgendwas. Hier würde er warten, bis er abgeholt werden würde. Gab es da nicht einen alten Magier, der geschrieben hatte, die Kammer des temporalen Nullpunktes sei so etwas wie ein überdimensionaler Vorratsschrank? Wie recht er doch hatte. Don-Esteban musste unbedingt dieses Buch wiederfinden, der Autor schien ihm einer der wenigen hellen Köpfe in der ansonsten mit den Werken aus den Federn der vielen Spinner, wirren Geister und fanatischen Scharfmacher angefüllten Bibliothek zu sein. Wie hieß er noch gleich? Schon längst wieder in Gedanken versunken, schloss der Magier die Türen der Kammer und ließ sie mit ihrem neuen Inhalt in der fensterlosen Schwärze zurück, aus der er sie vor einer Stunde geholt hatte. Wie ein riesiger Tropfen aus Luft hing darin die Blase, in der der Ork immer noch auf die andere Seite des Raumes sprang und bis in alle Ewigkeit springen würde. Lächelnd ging der barfüßige Magier wieder durch den Gang, zurück zur Abzweigung, in der sich die geheime Runenkammer befand. Und wieder war ein weiterer der magischen Räume entdeckt und ausprobiert. Ein gutes Gefühl.

Don-Esteban

lles war aus. die Grünpelze hatten ihn entdeckt und gefesselt. Keine Chance, an die Runen am Gürtel zu gelangen, die Hände waren auf dem Rücken fest zusammengebunden. Was würde nun mit ihm geschehen, würden sie ihn in ihr Lager schleifen, foltern, töten? Einer der Orks beschnüffelte ihn, verzog dann seine widerliche Fratze zu einer noch widerlicheren Fratze und wandte sich dann an einen anderen. Insgesamt vier Orks waren dem Magier gefolgt und hatten ihn nun in seiner Gewalt. Doch schleiften sie ihn nicht fort von hier, sondern wandten sich der Tür zu. 'Ja, geht hinein', dachte der Magier. 'Ich hab euch die Tür geöffnet.' Und die Orks gingen hinein. Der erste stieß die Tür auf und ließ einen tiefen Grunzlaut hören. Vor ihm erstreckte sich eines der seltsamsten Zimmer des Kastells. Wie eine riesengroße Kugel war es gebaut. Von der nun offenen Tür führte ein langer Steg in den Mittelpunkt der Kugel. Die Kugelfläche indes war mit vielen metallenen Spitzen bedeckt, überzogen mit einer dünnen Schicht des magischen Erzes. Fein glitzerten die Linien, spiegelten das Licht, das durch die offene Tür in den Raum fiel, wider, schimmerten in den unterschiedlichsten Farben, wobei jedoch blau und grau überwog. Die Spitzen jedoch, die die gesamte Fläche der runden Wände bedeckten, zeigten alle, wie auf Befehl ausgerichtet in den Mittelpunkt der Kugel. Hier endete der in den Raum hineinragende Steg, getragen von zwei Stützen, deren Pfosten hoch über der Lauffläche in einem anmutigen Bogen zusammenfanden, sich in einem kompliziert erscheinenden Muster aus feinem Rankenwerk vereinten und dann ins Nichts auflösten. Vor dem Steg jedoch, unmittelbar im Anschluss daran, ragte ein Steinklotz in die Höhe. Vom im Halbdunkel liegenden Boden bis in Brusthöhe stand er unverrückbar in der Mitte des Raumes. Seine Oberfläche war glatt und dunkel. Sie schimmerte nicht, schien vielmehr das Licht aufzusaugen. Der Abschluss des schwarzen Blockes war wie ein Pult gearbeitet. Leicht angeschrägt, so dass ein darauf gelegtes Buch bequem lesbar sein würde. Und genau dafür war das Pult gedacht. Für Bücher. Jedoch nicht für gewöhnliche Bücher. Diese konnte man in der Bibliothek lesen, Nein, hier wurden andere Bücher gelesen. Gefährliche Bücher, magische Bücher. Bücher, die den Leser aussogen, ihm seine Identität raubten, um dadurch zu wachsen. Die metallenen, erzüberzogenen Spitzen sollten die aus diesen Büchern austretende Magie fesseln, die an das Buch binden und verhindern, dass sie so Schaden anrichten konnte. Viele der wichtigsten Bücher waren mit derartigen Zaubern vor dem Lesen durch Unbefugte geschützt, die sie so zu sich selbst verteidigenden Gegenständen machten. Niemand wusste, wie viele Menschen schon diesen Büchern zum Opfer gefallen waren, weil sie so dumm und neugierig waren, einen Blick hineinzuwerfen. Auf dem Pult lag etwas, dass unter einem dicken, zu vielen Falten gekräuselten Tuch lag. 'Oh, lass es ein Buch sein, ein offenes Buch!'

Morgat Tok'Por

Die Augen der Orks wurden groß, als sie all die erzgeschmückten Spitzen sahen. Endlich hatten sie die Schatzkammer gefunden. Warum die seltsamen Menschen ihre Schätze in so komischer Art und Weise lagerten, war zwar seltsam, passte aber durchaus zu ihrem restlichen seltsamen Gebaren. Warum also wundern. Wichtiger war, wie man das Zeug hier rausbekam. Vergessen war der Gefangene. Er lag unbeachtet neben der Tür, die vier Orks waren alle auf den Steg getreten, der sie in die Mitte des Raumes führte. Zwischen ihnen stand Morgat Tok'Por, der sich vor allem für den Gegenstand unter dem Tuch interessierte. Mit wenigen Schritten hatte er das Ende des Steges erreicht, blieb zwischen den hochragenden Pfosten stehen und griff nach dem Tuch aus schwerem Stoff, um es wegzuziehen. Ein Buch kam zum Vorschein. Kostbar verzierte Inkunabeln leuchteten ihn an, während er mit einem abfälligen Laut über die Seite fuhr. Nichts passierte. Dann blätterte er um. Ein leichter Wind fuhr durch den Raum, niemand wusste, wo er herkam. Wie gebannt starrte Morgat Tok'Por auf die Seiten. Sahen es die anderen nicht? Ein Trichter hatte sich gebildet, ein Wirbel, direkt aus dem Inneren des Buches hin zu seinen Augen, verbunden waren sie durch diesen hin und her schwankenden Wirbel aus... ja aus irgendetwas, aus Gedanken, aus Wissen, aus Gier. Der Wirbel wuchs und wurde kräftiger, riss das mittlerweile neben dem Buch liegende Tuch in die Höhe und ließ es durch den Raum flattern. Es landete irgendwo. Dann zog die Magie des Buches alle Register. Ein Sturmwind erhob sich, der lediglich aus Magie bestand und durch Magie hervorgerufen wurde. Viele, ja unzählige kleinere der magischen Wirbel schossen überall aus dem Buch hervor, leckten gierig nach allem, was sie fanden und glitten unruhig hin und her zitternd über die Oberflächen, die sie erreichten. Vor den erzüberzogenen Spitzen rings um sie zuckten sie zurück, wie ein Krake vor den giftstachelbewehrten Flossen eines Luna-Rotfeuerfisches. An den Spitzen hingegen sammelte sich die abgezogene Magie, die aus Wirbeln stammte, die ihnen zu nahe gekommen waren, in kleinen Lichtblitzen lief sie daran entlang und manchmal funkte es zwischen mehreren der in den Raum hinein ragenden Pyramiden, wenn eine Ladung übersprang. Fast sah es aus wie ein lebendiges Wesen, das hin und her schlingerte, nach Halt suchte und nur Gefahren fand. Doch in den auf dem Steg zusammengedrängt stehenden Orks fand es vier dankbare Opfer, denn diese hatten der aus dem Buch austretenden Magie nichts entgegenzusetzen. Tastend fuhren die Wirbel über die Felle und Rüstungen der grünen Kämpfer, umfuhren das Schwert eines der vier, das aus magischem Erz geschmiedet war. Es stieß sie ab und so wurde es verschont von der gierigen Berührung der saugenden Röhren, die schwankend, als ob sie Halt suchten, über alles hinwegleckten. Bis sie die Augen jedes einzelnen Orks gefunden hatten, vergingen nur Augenblicke, in Windeseile konzentrierten sich alle der seltsamen, aus dem offen daliegenden Buch austretenden Arme auf die Augenpaare der ahnungslosen Orks. Widerstand war zwecklos, die tumben Kämpfer hatten der Magie nichts entgegenzusetzen. Ein Beobachter hätte mit Grausen festgestellt, wie das Buch oder besser die ihm innewohnende Magie die Orks fest in seinem Griff hielt und sie gierig nach Nahrung einfach aussaugte. Die Krieger hatten keine Möglichkeit, eine geistige Barriere gegen diese sie überwältigende, nach fremden Gedanken hungrige Magie zu errichten. Richtig dünn wurden die vier wie festgewurzelt auf der in den Raum hineinragenden Brücke stehenden Orks, als ihre geistige Energie aus ihnen ausgesogen wurde. Nur kurz dauerte das grausige Schauspiel, dann sanken vier leere Hüllen, dünn wie ausgetrocknete Mumien mit einem Poltern auf den Boden des Steges. Das Buch klappte mit einem lauten "Flopp" zu.